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Wirbelsäule: 23 Fragen und Antworten zu Aufbau, Funktion & Besonderheiten


skelettsysteme achsenskelett axial Appendikularskelett

Die Wirbelsäule ist Teil des axialen Skelettes (Achsenskeletts) der Wirbeltiere.


Die Wirbelsäule beim Menschen erstreckt sich zwischen Schädel und Becken. Bei anderen Säugetieren gehört der Schwanz ebenfalls zur Wirbelsäule, welcher dann im hinteren Beckenabschnitt beginnt. Somit verläuft die Wirbelsäule aller Wirbeltiere über den Brustkorb mit Rippen, hinter der Bauchhöhle entlang bis zum Beckengürtel. Dieser Teil des Skeletts wird auch als Achsenskelett bezeichnet.

Was sind die Bestandteile der Wirbelsäule

Die Wirbelsäule besteht aus Wirbeln, welche je nach Wirbeltierart in unterschiedlicher Anzahl vorkommen. Alle Wirbel bestehen, wie auch das restliche Skelett, aus Knochen. Die Wirbelsäule des Menschen wird in 5 Abschnitte eingeteilt:

  • Halswirbelsäule (vertebrae cervicales) mit 7 Wirbeln
  • Brustwirbelsäule (vertebrae thoracicae) mit 12 Wirbeln
  • Lendenwirbelsäule (vertebrae lumbales) mit 5 Wirbeln
  • Kreuzbein (os sacrum) mit bis 5 Wirbeln
  • Steißbein (os coccygis) mit 2-4 Wirbeln

wirbelsäule wirbel reflexzonen

Die unteren Wirbel im Steißbein und Kreuzbein sind beim Menschen verwachsen und im Becken eingeschlossen. Man bezeichnet diesen Teil der Wirbelsäule auch als Sakral- oder Beckenwirbelsäule.
wirbelsäule mit anzahl der wirbel steißbein kreuzbein

Die Wirbelsäule mit der jeweiligen Anzahl der freien Wirbel, sowie den verwachsenen Wirbeln des Kreuzbeins und Steißbeins, Draufklicken um zu vergrößern

Die Wirbel der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sind frei beweglich. Der Mensch kommt somit auf 24 freie Wirbel und bis zu 9 verwachsene Wirbel im Kreuz- und Steißbein. Besondere Bänder schützen die Wirbel vor einer Überlastung. Und Bandscheiben garantieren eine Bewegungsfreiheit zwischen den freien Wirbeln.

Die verwachsenen Wirbel der beiden unteren Wirbelsäulenabschnitte stellen ein Rudiment zum Schwanz anderer Säugetiere dar, welches sich zurückgebildet hat und verwachsen ist. Denn durch den aufrechten Gang kann der Mensch seine Arme ausstrecken, um sein Gleichgewicht zu halten. Tiere nutzen den Schwanz, um sich ausbalancieren zu können. Dadurch wurde der Schwanz unnötig und bildete sich im Laufe der Evolutionsgeschichte zurück.

Bevor wir uns gleich den einzelnen Bestandteilen widmen, werfen wir einen Blick auf die Funktionsweise der Wirbelsäule. Ähnlich wie bei einer Kette, sind die einzelnen Wirbel aufgefädelt. Zwischen den einzelnen Wirbeln existieren Bandscheiben, welche wie eine Knautschzone oder Unterlegscheibe beim Möbelbau eine gewisse Bewegungsfreiheit ermöglichen, ohne dass die Wirbel in Mitleidenschaft gezogen werden.

So kannst du zum Beispiel aus 2 Meter Höhe auf den Boden springen ohne dass deine Wirbelsäule zerbricht. Doch ohne Bandscheibe würden deine Wirbel durch die Kollision und Erschütterung wohlmöglich zerstört werden. Die Bandscheibe verhindert Schlimmeres.

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Die Bandscheibe fungiert als Puffer zwischen den Wirbeln

Warum ist das wichtig?
Durch die Wirbelsäule verläuft die Nervenbahnen des Rückenmarks. Dieses stellt die Verbindung zwischen Gehirn und Körper dar. Viele Körperfunktionen werden vom Gehirn gesteuert. Und das Gehirn sendet über Nervenbahnen gewisse Befehle für Bewegungskontrolle und Koordination ans Rückenmark. Das Rückenmark leitet diese Befehle weiter an die Muskeln und andere Organe, welche die Befehle ausführen.

Mit zerstörter Wirbelsäule ist auch das Rückenmark zerstört, weshalb das Gehirn vom restlichen Körper isoliert ist. Dadurch können keine Impulse mehr vom Gehirn an den Körper geleitet werden, wodurch bestimmte Körperregionen leblos bleiben. Dies führt mitunter zu Lähmungen und anderen Beeinträchtigungen.

So und nun zu den Einzelteilen und deren Funktionen.

Wirbelkörper

Der Wirbelkörper (Corpus vertebrae) eines Wirbels besteht aus Knochen. Die oberen Wirbel in der Hals- und Brustwirbelsäule eines Menschen sind kleiner als die darunterliegenden.

Wieso?
Die einzelnen Wirbel nehmen von oben nach unten an Volumen zu, da sie auch mehr Gewicht tragen müssen. Die unteren Wirbel tragen dein ganzes Körpergewicht mit und müssen deshalb besonders kräftig sein. Bandscheibenvorfälle geschehen oft im unteren Rücken, da – bei falschen Bewegungsmustern – das Körpergewicht zu stark auf die Scheiben lastet.

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Die Wirbelkörper zweier aufeinanderliegender Lendenwirbel (L3 und L4)

Wirbelkanal, Rückenmark, Conus medullaris und glymphatisches Systems

In jedem Wirbelkörper befindet sich oben und unten ein durchgängiger Kanal bzw. Hohlraum, welcher einfach als Wirbelloch (fachlich: Foramina intervertebralia) bezeichnet wird.

wirbel anatomie Foramina intervertebralia zwischenwribelloch

Das Zwischenwirbelloch (Foramina intervertebralia) bildet den Wirbelkanal

In diese Wirbellöcher ist das Rückenmark eingebettet, welches von oben (Gehirn bzw. Schädel) bis in den Lendenbereich verläuft. Bei jeder Bewegung, welche der Organismus ausführt, ist das Rückenmark beteiligt, indem es die Befehle des Gehirns an den Körper leitet. Das Rückenmark und Gehirn bilden das Zentralnervensystem der Wirbeltiere.

Das untere Ende des Rückenmarks wird als Conus medullaris bezeichnet. Da Wirbelsäule und Rückenmark eines Menschen unterschiedlich lang wachsen, liegt dieser bei Kindern am dritten Lendenwirbel (L3), bei Erwachsenen etwas höher und zwar am 1 oder 2 Lendenwirbel (L1/L2).

Umgeben ist das Rückenmark durch eine Rückenmarkshaut, welche im Hirnbereich zur Hirnhaut wird. Diese Hautstruktur dient dem Schutz des Nervensystems, einer Abgrenzung nach außen und der Abfallentsorgung. Sie ist somit Teil des glymphatischen Systems, welches überflüssiges und schädliches Material aus dem Nervensystem ausscheidet.

Als Transportsystem dieser Abfallentsorgung bildet sich im Rückenmark ein sogenanntes Rückenmark- bzw. Hirnwasser (fachlich: Liquor cerebrospinalis). Dieses transportiert die Abfallprodukte ab, polstert aber auch das Rückenmark weiter aus.

Zwischenwirbellöcher

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Das Zwischenwirbelloch (Foramina intervertebralia) in einer anderen Darstellung


Das Zwischenwirbelloch (Foramen intervertebrale) ist eine seitliche Öffnung zwischen zwei benachbarten Wirbeln bzw. übereinanderliegenden Wirbeln beim Menschen. Diese Öffnung tritt paarig auf, also befindet sich rechts und links zwischen den Wirbeln. Durch diese Öffnungen tritt der Spinalnerv heraus, verlässt den Wirbelkanal in Richtung Körper.

Spinalnerv

Der Spinalnerv bzw. die Spinalnerven (siehe Bild oben) sind verschiedene Nervenstränge, welche aus den Zwischenwirbellöchern der Wirbelsäule in Richtung des Körpers austreten. Sie sind bereits Teil des peripheren Nervensystems, also jenem Nervensystem – welches zwar mit dem Zentralnervensystem (Gehirn, Rückenmark) in Kontakt steht, von diesem Informationen und Befehle erhält – aber auch eigenständig agiert.

periphere nervensystem

Das periphere Nervensystem im Zusammenspiel mit dem Zentralnervensystem

Im peripheren Nervensystem werden bspw. Informationen aus den Organen und Muskeln gescannt und gesammelt, welche dann über den Spinalnerv zum Zentralnervensystem geschickt werden. Mögliche Hormone, um den Organismus oder nur einzelne Organe anzuregen oder zu dämpfen, können dann über das endokrine System (Hormondrüsen) ausgeschüttet werden.

Doch die Befehle zur Hormonausschüttung erfolgen über die Hypophyse (Hirnanhangdrüse), welche die Hormondrüsen des Körpers steuert. Als oberste Hormondrüse steht die Hypophyse immer im Kontakt zum Gehirn. Und das Gehirn sendet Befehl an die Hypophyse, welche wiederum Informationen und Befehle an alle anderen Hormondrüsen aussendet.

Es werden über die Spinalnerven am Rückenmark nicht nur Hormonausschüttungen gesteuert, sondern sämtliche Körperfunktionen. Das periphere Nervensystem scannt den Körper und dessen Befindlichkeiten, schickt die Daten über Spinalnerv, Rückenmark zum Gehirn – welches dann Befehle über den gleichen Weg zurückschickt. Auch die Motorik (Bewegung) und die Sensorik (Fühlleistung) werden über diesen Weg gesteuert.

Doch so Manches geht auch ohne Gehirn im peripheren Nervensystem. Denn das autonome Nervensystem, welches in der Peripherie ebenfalls existiert, betrifft die lebensnotwendigen Körperfunktionen – welche ohne Gehirnentscheidung auskommen müssen. Dazu gehören bspw. die Grundprozesse des Stoffwechsels, der Herzschlag oder die Atmung.

Einige Hormondrüsen, wie die Bauchspeicheldrüsen laufen im Normalmodus auch autonom. Nur falls dann das periphere Nervensystem, welches alle inneren Organe scannt, Informationen über Probleme erkennt und ans Zentralnervensystem sendet – kommt es zum Einschreiten des Gehirns, indem bestimmte Schritte eingeleitet werden – wie bspw. eine Erhöhung des Insulins- oder des Glucagons.

Man ganz es auch einfach so beschreiben…
Der Organismus ist die höchste Organisationsebene (Rangstufe) im Lebewesen. Jedes Organ ist eine Hierarchieebene darunter, hat Einzelbefugnisse und Aufgaben – welche es selbstständig durchführt. Andere Aufgaben betreffen mehrere Organe und müssen mit dem Gehirn (Entscheidungsorgan) abgesprochen werden. Dafür sind die Spinalnerven als Schnittstelle gedacht.

Wirbelbogen

Der Wirbelbogen (Arcus vertebrae) ist die obere Wirbelhälfte beim menschlichen Wirbel bzw. die vordere Hälfte bei allen anderen Wirbeltieren, welche nicht aufrecht stehen. Um diesen zu zeigen, müssen wir den Blickwinkel ändern und uns mal so einen Wirbel von oben anschauen. (siehe Bild)

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Ein Wirbel in der Draufsicht (oben rechts), um zwischen Wirbelkörper und Wirbelbogen zu unterscheiden

Wieso wird zwischen Wirbelkörper und Wirbelbogen unterschieden?
Der Wirbelkörper ist eine Masseeinheit, damit der Wirbel stabil ist. Die Wirbelbögen sind detailliertere Einheiten und dienen als Verbindungsstück zum Rücken (dorsal) und zu den Rippen. Dort sitzen zwei Fortsätze, nämlich der Querfortsatz, welcher zu den Rippen und der Vorderseite (unten bei Tieren) gewandt ist. Der Dornfortsatz (dorsal) ist dem Rücken zugewandt, also tritt nach hinten oder oben (bei Tieren) heraus.

Der Wirbelbogen beginnt mit einem Füßchen (Pediculus arcus vertebrae) auf jeder Seite, welche sich dann mit einer Wirbelbogenplatte (Lamina arcus vertebrae) vereinigen. Hier das Bild zu den Lendenwirbeln mit Platte, Füßchen und Bogen.

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Lendenwirbel L3 und L4 mit Wirbelbogen (Arcus vertebrae), Füßchen (Pediculus arcus vertebrae) und Wirbelbogenplatte (Lamina arcus vertebrae)

Querfortsatz bzw. Diaphyse

Querfortsatz (Processus transversus) diaphyse wirbel anatomie

Querfortsatz (Processus transversus) bzw. Diaphyse eines Wirbels

Der Querfortsatz (Processus transversus) wird auch als Diaphyse bezeichnet. Diese treten paarig an jedem Wirbel auf.

Mit einfachen Worten gesagt…
Es handelt sich dabei um einen Knochen, welcher auf dem Wirbelbogen aufsitzt und eine Stelle ist, wo sich Gelenkbänder, Sehnen und Muskeln befestigen können. Hier wird quasi die Skelettmuskulatur an die Wirbelsäule gehängt. Im Brustbereich wird dort auch die Atemmuskulatur befestigt.

Vervollständigen wir noch das ursprüngliche Bild der Lendenwirbel von oben. Hier ist es…

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Der Querfortsatz zu den Lendenwirbeln aus dem Beispiel

Dornfortsatz bzw. Neurapophyse

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Der Dornfortsatz (Processus spinosus) bzw. Neurapophyse verläuft in Richtung des Rückens

Der Dornfortsatz (Processus spinosus) oder auch als Neurapophyse bezeichnet, funktioniert genauso wie der Querfortsatz. Es handelt sich demnach um eine Aufhängung, welche dem Rücken zugewandt ist. Hier wird die Rückenmuskulatur angehängt.

Und jetzt noch der Perspektivwechsel zum Lendenwirbel.

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Der Dornfortsatz an den Lendenwirbel L3 und L4 aus dem Beispiel

Wirbelgelenke und Gelenkfortsätze

Zwischen den größeren Fortsätzen (Quer- und Dornfortsatz) zweier benachbarter Wirbel befinden sich die Wirbelgelenke. Da diese Wirbelgelenke, genauso wie die Fortsätze, auf dem Wirbelbogen sitzen – bezeichnet man diese auch als Wirbelbogengelenke und aufgrund ihrer Form auch als Facettengelenke (fachlich: Articulationes processuum articularium).

wirbel anatomie wirbelbogengelenke

Wirbelbogengelenke zu den Lendenwirbeln L3 und L4

Auf diesen Wirbelgelenke befinden sich kleine Aufhängungen, welche als Gelenkfortsätze (Processus articulares) bezeichnet werden. Hier sind die Wirbel miteinander verhakt, so dass eine Bewegung oder Kraft von Wirbel zu Wirbel übertragen werden kann.

Durch die Kraft-Übertragung entsteht dann eine Bewegung, welche ausgelöst von der Skelettmuskulatur den ganzen Bewegungsapparat entlang der Wirbelsäule gleichmäßig und einheitlich gestaltet.

Bandscheiben bzw. Discus intervertebralis

Neben den Wirbelgelenke, welche als echte Gelenke gelten, gibt es noch unechte Gelenke. Die Bandscheiben (lateinisch: Discus intervertebralis) sind unechte Gelenke, da sie zwar Bewegung ebenfalls ausgleichen – aber dabei eine andere Funktion erfüllen.

So sind Wirbelgelenke für die Richtung der Bewegung zuständig, indem sie über die Verhakung der Gelenkfortsätze eine Bewegung von Wirbel zu Wirbel übertragen. Die Bandscheiben bestimmen den Bewegungsumfang bzw. den Bewegungsradius eines Wirbels.

Die Bandscheibe ist kein Knochen – sondern eine Knorpelstruktur und dementsprechend weicher. Außerdem besitzt sie einen weichen Kern. Durch ihr weicheres Material dient sie als Stoßdämpfer bei Erschütterungen.

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Die Bandscheibe zwischen zwei Wirbeln

Bandscheiben sitzen immer zwischen zwei benachbarten (bei Tieren) bzw. zwei übereinanderliegenden Wirbeln (beim Menschen). Nur ganz oben in der Halswirbelsäule, zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel, existiert keine Bandscheibe.

Bei den unteren Wirbeln im Kreuzbein und im Steißbein, welche miteinander verwachsen sind, ist auch die Bandscheibe eingeschlossen bzw. eingewachsen und wird nicht mehr als separate Struktur erkannt. Insgesamt besitzt die menschliche Wirbelsäule 23 Bandscheiben.

Da auch die Bandscheibe, genauso wie die Wirbelkörper, das nach unten ansteigende Gewicht eines Menschen abfedern müssen – nimmt auch deren Dicke nach unten zu. So sind die Bandscheiben zwischen den Halswirbeln lediglich 3 mm dünn, zwischen den Brustwirbeln circa 5 mm und im Bereich der Lendenwirbelsäule sogar 7 mm dick.

Wirbelkörperbänder und Wirbelbogenbänder

Die Bänder dienen der Stabilisierung der Wirbelsäule. Es handelt sich um Stränge, bestehend aus Bindegewebe, zwischen zwei Knoche. Anders gesagt: Hier ist der Knochen an einen benachbarten Knochen befestigt.

Wieso?
Durch die Befestigung des Knochen am anderen Knochen, wird der Bewegungsradius des Knochens und der Gelenke eingeschränkt. Dadurch wird verhindern, dass es zu einer Überdehnung oder einen Austritt aus den Gelenken kommt. Im folgenden Bild soll der Verlauf eines Bandes dargestellt werden. Zur besseren Übersicht sind nur die wichtigsten anderen anatomischen Orte benannt. Die kennst du jetzt ja auch schon.

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Verlauf eines Wirbelbogenbandes (Ligamentum flavum)


Insgesamt kann man 6 unterschiedliche Bandsysteme der Wirbelsäule ausmachen. Weiterhin unterscheidet man zwischen Wirbelkörperbändern, welche die Wirbelkörper stabilisieren sollen und den Wirbelbogenbändern, welche den Wirbelbogen fixieren sollen. Letztere sind auf den Fortsätzen der Wirbelbögen befestigt.

Wichtige Wirbelkörperbänder der Wirbelsäule sind:

  • Das vorderseitige Bauchband (Ligamentum longitudinale anterius) erstreckt sich über die komplette Vorderseite beim Menschen. Es handelt sich um ein straffes Bindegeweben, welches die Bandscheiben und Randleisten der Wirbelkörper überspringt und dadurch die ganze Wirbelsäule strafft bzw. stabilisiert. Bei Tieren beginnt dieses Band erst am 8. Brustwirbel und reicht bis ins Kreuzbein.
  • Das rückenseitige Längsband (Ligamentum longitudinale posterius) ist eine Verbindung der Wirbelkörper an deren Rückseite. Dieses straffe Bindegewebe beginnt am 2. Halswirbel und reicht bis zum Kreuzbein. Es befindet sich an der Rückseite des Wirbelkanals.
  • Die Bänder zwischen den Wirbelkörpern werden als gelbes Band (Ligamentum flavum) bezeichnet. Hier ist nun noch einmal jeder Wirbel mit seinem Nachbarn verbunden. Solche elastischen Bänder lassen sich mit der Elastika-Färbung sichtbar machen, welche bei den Ligamenta flava (Mehrzahl) einen Gelbton ergab.

Die Wirbelbogenbänder sind an den Querfortsätzen und Dornfortsätzen befestigt.

  • Das Ligamentum intertransversarium ist ein Verbindungsband zwischen den Querfortsätze (Vorderseite im Hals-, Brust- und Bauchbereich).
  • Das Ligamentum interspinale ist ein Verbindungsband zwischen den Dornfortsätzen auf der Rückseite der Wirbelsäule.
  • Über alle Dornfortsätze hinweg erstreckt sich noch ein einheitliches Band, welches als Ligamentum supraspinale bezeichnet wird. Diese ist das am weitesten hinten liegende Band der Wirbelsäule.

Was ist ein Bewegungssegment und Bewegungsbereich der Wirbelsäule

Als ein Bewegungssegment oder Einheit der Wirbelsäule wird ein benachbartes Wirbelpaar und deren Verbindungsstücke bezeichnet. Im englischen Sprachraum bezeichnet man diese Einheit als Functional Spinal Unit (FSU). Es handelt sich dabei um:

  • zwei benachbarte Wirbelkörper und deren Wirbelbögen
  • deren Wirbelbogengelenken, die die Bewegung übertragen
  • deren zwischengelagerte Bandscheibe, welche die Bewegung abfedert
  • den an den Wirbeln angebrachten Bändern, welche den Bewegungsradius einschränken und somit einer Überlastung entgegenwirken
  • den angehängten Muskeln, welche die Energie erzeugen, um die Bewegung zu ermöglichen
  • den Blutgefäßen, welchen den Bereich mit Blut, Sauerstoff, Nährstoffen und den Energieträger ATP versorgen
  • den Nervenbahnen des Rückenmarks und des Spinalnervs, welche die Informationen zur Bewegungskontrolle und Bewegungsauslösung übertragen.

Je nach Bereich der Wirbelsäule kann die Bewegungsfreiheit ziemlich unterschiedlich ausfallen.

  • In der Halswirbelsäule sorgen Atlas-Wirbel und Axis-Wirbel – welche unterschiedlich zu anderen Wirbeln aufgebaut sind, für den größtmöglichen Bewegungsspielraum. So existiert im ersten Halswirbel (Atlas) kein echter Wirbelkörper. Stattdessen ist dort ein knöcherner Ring auf welchem der Schädel aufsitzt.
  • Da die Wirbel der Brustwirbelsäule mit den Rippen des Brustkorbes verwachsen sind, ist eine Bewegung in diesem Bereich kaum möglich. Hier ist der Wirbelsäule am unbeweglichsten.
  • In der Lendenwirbelsäule sind die Gelenkflächen senkrecht verbaut und massive Wirbelkörper bieten zwar Schutz, schränken aber die Bewegungsfreiheit weiter ein. Deshalb ist eine Drehung des Oberkörpers zwar möglich, aber nicht so ausgeprägt wie in der Halswirbelsäule. Aufgrund der Senkrechtbauweise der Gelenke ist allerdings ein nach Vornebeugen (Ventralflexion) und ein Rückenstrecken (Dorsalextension) sehr gut möglich.
  • Die verwachsenen Knochen im Kreuzbein und Steißbein ermöglichen keine Bewegung dieses Wirbelsäulenbereichs.

Welche Besonderheiten und Funktion hat die Wirbelsäule

Die Wirbelsäule gehört zum Skelett und somit zum passiven Bewegungsapparat bzw. zum Stützapparat eines Wirbeltieres. Sie dient also vornehmlich dem Schutz, der Stabilität und Bewegungskontrolle.

Als Schutzorgan schützt sie vor allem das Rückenmark. Aber die Wirbelsäule hat auch eine besondere Wölbungen.

wirbelsäule spin s form lordose kyphose

Krümmungen der Wirbelsäule

  • Im Halsbereich bezeichnet man die nach links orientierte Wölbung als Halslordose.
  • Die Krümmung der Brustwirbelsäule erfolgt nach links und wird als Brustkyphose bezeichnet.
  • Im Lendenbereich verläuft die Krümmung wieder nach links, weshalb man von einer Lendenlordose spricht.
  • Im Sakralbereich also im Becken, wo Kreuzbein und Steißbein verwachsen sind, beugt sich die Wirbelsäule dennoch nach rechts. Also liegt hier eine Sakralkyphose vor.

Du erkennst das Muster, oder?
Immer wenn sich die Wirbelsäule nach links (Hals, Lenden) beugt, nennt man dies Lordose. Und immer dann, wenn sie nach rechts verläuft (Brust, Sakral) bezeichnet man dies als Kyphose.

Aber durch den besonderen rechts-links Verlauf und der Doppel- bzw. Vierfachwölbung ist die Wirbelsäule ein Superpuffer. Denn durch diese doppelte S-Form der Wirbelsäule können sämtliche Stöße und Erschütterungen abgefedert werden. Und die Bandscheiben als Knautschzone sorgen für noch mehr Dämpfung.

Wieso ist das so wichtig?
Die Wirbelsäule schützt nicht nur das Rückenmark, sondern auch das Gehirn. Denn Erschütterungen, beim ganz oben erwähnten Sprung, werden gedämpft – wodurch Rückenmark und Gehirn gleichermaßen geschont werden.

Der Schädel als besondere Schutzhülle des Gehirns bleibt durch die Halswirbel freibeweglich, um zusätzliche Kraft aus der Bewegung zu nehmen. Die Hauptfunktion der Wirbelsäule ist demnach beide Organe des Zentralnervensystems (Schädel, Rückenmark) vor Erschütterungen zu schützen.

Literatur

  • Jens Waschke (Herausgeber), Friedrich Paulsen (Herausgeber), Sobotta, Atlas der Anatomie Band 1: Allgemeine Anatomie und Bewegungsapparat, ISBN: 978-3437441301*
  • Jutta Hochschild (Autor), Strukturen und Funktionen begreifen, Funktionelle Anatomie: Band 1: Wirbelsäule und obere Extremität (Physiofachbuch), ISBN: 978-3132426726*
  • Gregor Stein (Herausgeber), Peer Eysel (Herausgeber), Max Joseph Scheyerer (Herausgeber), Expertise Orthopädie und Unfallchirurgie Wirbelsäule, ISBN: 978-3132403765*

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