Die Beziehung von Otto I. zu Byzanz: Bündnisse, Ehen und Kriege
Otto I. gelang es, vom König zum Kaiser aufzusteigen und somit die kaiserlose Zeit in Westeuropa zu beendet. Seine Kaiserkrönung am 2. Februar 962 durch Papst Johannes XII. sorgte jedoch für deutliche Spannungen mit dem Byzantinischen Reich. Das Byzantinische Reich entstand aus dem Oströmischen Reich, welches wiederum durch den Zerfall des römischen Kaiserreichs zu existieren begann.
Aufgrund seiner Geschichte besaß Byzanz den staatsrechtlich begründeten Anspruch, alleiniger Rechtsnachfolger des römischen Kaisers aus der Antike zu werden. Dass gleichzeitig zwei Kaiser ihr Amt innehatten, widerstrebte somit der universalen Auffassung des Kaisertums. Laut diesem durfte nur ein Kaiser regieren.
Inhalt
Die Herrschaft in Byzanz
Byzanz stand seit seiner Entstehung unter der Herrschaft verschiedenster Herrscher. Zum Zeitpunkt der Kaiserkrönung Ottos regierte seit drei Jahres Romanos II. Dieser sollte bis 963 sein Amt innehaben. Verheiratet mit Theophano der Älteren, standen ihm seine drei Kinder Basileios, Konstantin und Anna als Nachfolger bereit. Nach Romanos‘ Tod erlangte der Feldherr Nikephoros II. Phokas bis 969 die Herrschaft über Byzanz, indem er die Kaiserwitwe heiratete.
Obwohl Romanos II. männliche Erben zeugte, waren diese zum Zeitpunkt seines Todes noch unmündig. Somit übernahm Nikephoros vorrübergehend die Herrschaft für Basileios und Konstantin. Jedoch wurde der Feldherr durch seinen Verwandten Johannes Tzimiskes und dessen Geliebter Theophano ermordet, da Nikephoros der geplanten Hochzeit der beiden nicht zustimmte.
Nach Nikephoros‘ Tod regierte Johannes I. Tzimiskes als Soldatenkaiser. In der Zwischenzeit heiratete dieser die Schwester Romanos II., Theodora. Theophano hingegen wurde ins Kloster geschickt. Als Tzimiskes 976 vermutlich an Typhus starb, nachdem er von einem Feldzug zurückgekehrt war, übernahm Basileios II. das Amt als Kaiser. Der junge Herrscher konnte sich trotz seines legitimen, mazedonischen Erbens nur schwer durchsetzen. Zuvor galt der Gedanke, dass der Kaiserthron nur den „Purpurgeborenen“ gehörte. Der Gedanke erlosch allerdings im Laufe der Zeit, da die Staatsgewalt seit einigen Jahren in den Händen eines Feldherrn lag.
Im Alter von 20 Jahren galt Basileios als regierungsfähig. Bereits zu beginn seiner Amtszeit musste der junge Herrscher mehrere Aufstände niederschlagen, welche unter anderem von Feldherrn angeführt wurden. Unterstützung fand er in seinem Onkel Basileios Lakapenos. Sein zwei Jahre jüngere Bruder Konstantin VIII. hingegen galt nur als formeller Teilhaber an der kaiserlichen Macht. Konstantin verbrachte seine Zeit lieber damit, im Luxus zu schwelgen und sich jeglicher Verantwortlichkeit bezüglich Regierung zu entziehen.
Trotz seines Anspruchs und der Unterstützung sollte es bis 985 dauern, dass sich Basileios II. endgültig durchsetzen konnte und somit die Thronstreitigkeiten beendet werden konnten. Mit demselben Jahr begann seine effektive Regierungszeit. Sein Herrschaftsgebiet wirkte sich ebenfalls auf Süditalien aus, welches unter byzantinischer Herrschaft stand. Das Gebiet hatte schwer unter dem Einfall der Sarazenen zu leiden. Basileios bewies in diesem Zeitraum, dass er auch am Schlachtfeld ein mächtiger Anführer war. Ab 1014 trug er den Beinahmen „der Bulgarentöter“, welcher von seinen Siegen über die Bulgaren zeugte.
Ottos Ehen und Byzanz
Otto der I. hielt trotz der vermeintlichen kaiserlichen Fehde enge Kontakte mit dem byzantinischen Kaiser Konstantin VII. Porphyrogennetos, welcher zwischen 944 und 959 regierte. In zeitgenössischen Quellen lässt sich eine Vielzahl an Berichten finden, welche von mehrfachen Gesandtschaften berichten. Diese reisten in politischen Angelegenheiten zwischen den Reichen und somit von West nach Ost sowie von Ost nach West. Ein Ehebündnis zwischen Byzanz und den Ottonen wurde jedoch nie geschlossen, obwohl über dieses vergeblich verhandelt wurde.
Stattdessen wurde die Ehe zwischen Otto I. und Adelheit, der Witwe Lothars von Italien, beschlossen. Lothar war von 946 bis 950 der König Italien, wodurch nach dessen Tod ein großes Herrschaftsgebiet frei wurde. Bereits 924 war der westliche Kaisertum nach Tod Berengars I. von Italien erloschen. Jeder Herrscher eines fränkischen Teilreichs konnte seinen Titel als Folge genießen und ihn zur Schau stellen. Otto jedoch konzentrierte sich zunächst auf das Ostfrankenreich, da er zu diesem Zeitpunkt noch mit Edgith, Halbschwester des britischen Königs Aethelstan, verheiratet war.
Es folgten Kämpfe um das italienische Hoheitsgebiet, in welche Otto I. eingriff. Adelheid, mit nicht einmal 20 Jahren nach Lothars Tod zur Witwe geworden, hatte vorübergehend die Macht über das Gebiet inne. Da Adelheid nach langobardischer Tradition durch die Eheschließung die Königswürde weitergeben konnte, beschloss Berengar von Ivrea, sie gefangenen zu nehmen. Am 15. Dezember 950 erklärte er sich zum neuen König Oberitaliens und seinen jüngeren Sohn Adalbert zu seinem Mitregenten. Der neue Herrscher fand jedoch keine allseitige Anerkennung. Adelheit hingegen erhoffte sich durch eine Neuvermählung, selbst über die Zukunft des Reiches bestimmen zu können.
Noch vor Ottos Italienzug dessen Sohn Liudolf im Frühjahr 951 nach Italien geritten. Anzumerken sei, dass diese Reise ohne Verständigung mit Otto erfolgte und Liudolf nur schwache Begleitung bei sich hatte. Sein Onkel Heinrich jedoch plante eine Intrige, wodurch Liudolf aufgehalten wurde. Im September gleichen Jahres folgte Ottos Italienzug, welcher ohne Kämpfe verlief. Während des Zuges verhalt Otto Adelheid von ihrer Fluchtburg Canossa nach Pavia.
Otto I. selbst war sehr interessiert, in Italien einzugreifen und das Gebiet für sich zu beanspruchen. Nach dem Tod Edgiths war dieser selbst seit 946 Witwer. Dadurch besaß er gleichzeitig die Möglichkeit, Adelheit zu ehelichen. Im Oktober 951 folgte die Eheschließung, welche ihm zugleich die Macht über Oberitalien verschaffte. Gleichzeitig bot sich ihm die Perspektive auf die Kaiserwürde. Hingegen übernahm er die italienische Königswürde. Ein Erhebungsakt wird in den Geschichtsquellen allerdings nicht ausdrücklich erwähnt. Am 10. Oktober titulierte ihn seine Kanzlei als „König der Franken und Langobarden“. Mit 15. Oktober wurde er der „König der Franken und Italiener“.
Byzanz‘ Reaktion auf den neuen Herrscher
Dass Byzanz nicht der Ausweitung der Macht Ottos zustimmte, war bald nach der Heirat mit Adelheid ersichtlich. Im August 952 kamen mehrere byzantinische Gesandte an den Hoftag in Augsburg. Diese bezeugten die Verhandlung einer Heirat Romanos II. mit einer Verwandten Ottos. Die Infrage kommende Braut war Hadwig von Sachsen, Schwester Ottos I. Ohne Erfolg wurden die Verhandlungen fortgeführt, nur um 955 oder 956 abgebrochen zu werden. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Eheschließung Romanos II. mit der Byzantinerin Anastaso, der späteren Kaiserin Theophano.
Obwohl in den fränkischen Quellen erwähnt, schweigen die byzantinischen Überlieferungen über die Verhandlungen und spätere Vermählung Romanos‘. Otto I. wird hingegen das erste Mal erwähnt, als er den Sieg über die Ungarn bei der legendären Schlacht am Lechfeld bei Augsburg am 10. August 955 erlangte. Auch die Kaiserkrönung Ottos am 2. Februar 962 wurde von den byzantinischen Chronisten nicht zur Kenntnis genommen. Lediglich in der Chronik des Skylitzes lässt sich ein Bericht finden. In diesem wird genannt, dass Otto Papst Johannes XII. absetzen und durch Papst Johannes XIII. ersetzen lies.
Ostfranken gegen Byzantiner
Ottos Sohn Otto II. wurde durch seine Krönung am 25. Dezember 967 zum Mitkaiser. Der junge Herrscher war noch unvermählt, wodurch nach einer passenden Braut gesucht wurde. Otto, nun offiziell Kaiser des Heiligen Römisches Reiches, erwähnte eine Eheschließung mit einer byzantinischen Prinzessin. Zunächst wurde versucht, eine Ehe mit Anna, der Tochter Romanos II., zu arrangieren.
Im Frühjahr 967 wurde der Venezianer Dominicus an den Hof in Byzanz geschickt, um Verhandlungen bezüglich Vermählung durchzuführen. Jedoch blieben diese ohne Erfolg. Es folgten Kämpfe in Unteritalien und eine erneute Verhandlung in Konstantinopel durch Bischof Liudprand von Cremona im Sommer 968. Dieser musste ebenfalls ohne Erfolg heimkehren, wobei Liudprand in einem Bericht die Schuld am Scheitern der Verhandlungen alleinig den Byzantinern zukommen ließ.
Otto genoss zugleich keinen guten Ruf im byzantinischen Unteritalien. Er galt als wilder Eindringling aus dem Norden, welcher die griechischen Städte Unteritaliens erobern wollte. Mehrere Berichte und Chroniken bezeugen, dass es zu Kämpfen und Belagerungen in der Region kam. Diese wiederum fanden keinen Anklang in Byzanz.
Eine neue Ehe als Bündnis
Trotz seiner Kaisermacht gelang es Otto I. nicht, die politische Situation in Italien zu stabilisieren. Papst Johannes XIII. galt als kaisertreu, sodass er sich gegenüber dem stadtrömischen Adelsgeschlecht der Crescentier nicht behaupten konnte. Es folgte die Gefangennahme des Papstes und seine Flucht. Infolge bat Johannes Otto I. um Hilfe, worauf dieser erneut 966 nach Italien zog.
Otto musste hierbei nicht nur seine Macht bezeugen, sondern ebenfalls das Verhältnis zum älteren oströmisch-byzantinischen Kaisertum klären. Das Vorhandensein zwei Kaiser sorgte für Auseinandersetzungen um den Kaisertitel. Byzanz wollte die staatsrechtliche Situation sowie die Herrschaftsteilung zwischen beiden Reichen regeln und somit das Zweikaiserproblem lösen. Obwohl Byzanz nur einen kleinen Bereich in Süditalien besaß und die Oberhoheit über die Fürstentümer Capua sowie Benevent lange umstritten war, konnten die Machtverhältnisse nie vollständig geklärt werden.
Um sich jedoch auf einen Standpunkt zu einigen, sollte eine Eheschließung zwischen Byzanz und dem Ostfrankenreich erfolgen. Mit Ende August 966 war Ottos elfjähriger Sohn Otto wieder auf sich selbst gestellt. Als Nachfolger seines Vaters würde eine Ehe von ihm und einer byzantinischen Prinzessin sowohl das Zweikaiserproblem lösen sowie ein Freundschaftsbündnis zwischen den zwei Mächten entstehen lassen, welches den Umfang des jeweiligen Herrschaftsbereichs in Italien klären sollte. Ottos politisches Denken sah voraus, dass sein Sohn später ebenso Kaiser werden sollte. Somit kam nicht irgendeine Braut infrage. Es sollte eine purpurgeborene byzantinische Kaisertochter sein.
Um die Eheschließung und somit das Freundschaftsbündnis von Byzanz und dem Ostfrankenreich zu ermöglichen, verfasste Otto gemeinsam mit Papst Johannes XIII. ein Schreiben, welches er seinem Sohn zukommen ließ. Otto II. reiste auf dessen im Herbst 968 nach Rom, um gemeinsam mit seinem Vater Weihnachten zu feiern. Im Oktober 967 trafen Vater und Sohn in Verona aufeinander. Gemeinsam zogen sie nach Rom weiter, sodass mit 25. Dezember die Krönung Ottos II. zum Mitkaiser stattfinden konnte. Mit diesem Handeln sicherte Otto I. sein geschaffenes Imperium sowie die Weitergabe der Kaiserkrone ab.
Noch im selben Jahr begannen die Verhandlungen Ottos II. mit einer byzantinischen Prinzessin. Erst mit 972 gelang es, ein Heirats- und Friedensabkommen zu schließen. Da Otto II. erst 955 geboren war und zum Zeitpunkt des Abkommens gerade einmal 15 Jahre alt war, war es schwer, eine passende im Purpur geborene Braut für ihn zu finden. Der Begriff im Purpur geboren bezeugte die Geburt von Nachkommen im Byzantinischen Reich, welche in der Porphyra, einer Kammer des Großen Palastes in Konstantinopel geboren wurden, und deren Väter zum Zeitpunkt bereits ihre Herrschaft innehatten.
Als einzige Braut für Otto II. kam aufgrund ihres Alters nur Anna, Tochter Romanos II. Dennoch beschloss Kaiser Johannes I. Tzimiskes, seine Nichte Theophanu mit dem Thronerben zu vermählen. Theophanu war lediglich eine angeheiratete Soldatenkaisers und somit theoretisch von niedrigerem Rang. Dennoch folgte am 14. April 972 die Vermählung Ottos II. mit Theophanu von Byzanz, welche dadurch zur Kaiserin gekrönt wurde.
Durch die Eheschließung des Mitkaisers mit einer byzantinischen Prinzessin gelang es, dass Byzanz das westliche Kaisertum angerkannte. Die Lage in den südlichen Teilen Italiens entspannte sich daraufhin merklich. Bis heute ist über die konkrete Neuordnung der dortigen Verhältnisse jedoch nichts bekannt.