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Wer war Carl Gustav Jung: Biografie und Werk


Carl Gustav Jung auf einer Schweizer Briefmarke, Bildnachweis: spatuletail / Shutterstock.com

Carl Gustav Jung auf einer Schweizer Briefmarke, Bildnachweis: spatuletail / Shutterstock.com


Carl Gustav Jung gilt als Begründer der analytischen Psychologie, einer Weiterentwicklung der Tiefenpsychologie nach Sigmund Freud.

Wer war Carl Gustav Jung

Carl Gustav Jung war ein Tiefenpsychologe und Psychiater aus der Schweiz. Er stellte Theorien und Modelle zur menschlichen Psyche auf. Wie alle Tiefenpsychologen galt Jungs Interesse vornehmlich dem unbewussten Anteil der Psyche.

Seine Theorien lassen sich in zwei Teile gliedern: Die Dynamik der Psyche und die Struktur der Psyche. Letztere wurde von Jungs Mentor Sigmund Freud bereits ausgiebig analysiert. Laut der Tiefenpsychologie existieren in der menschlichen Psyche mehrere Strukturen, welche die Wahrnehmung eines Menschen beeinflussen und sich so auf sein Handeln, Erleben und Verhalten auswirken. Freud unterschied diese einzelnen Anteile nach einem Bewusstsein, Vorbewusstsein und Unbewusstsein.

Das Bewusstsein ist der Anteil, welcher bewusst wahrgenommen wird. So kann man ein Auto vorbeifahren sehen und dieses bewusst wahrnehmen. Die unbewussten Anteile sind jedoch nicht voll umfänglich wahrnehmbar, weil diese – laut Tiefenpsychologie – weitaus tiefer in der menschlichen Psyche verankert sind. Dennoch sind diese spürbar, aber oftmals nicht erklärbar.

So können beim Vorbeifahren eines Autos, Gedanken und Gefühle unbewusst entstehen – welche mit der Situation des vorbeifahrenden Autos, anscheinend nichts zu tun haben. Diese Gedanken und Gefühle sind entkoppelt von der eigentlichen Wahrnehmung. Dies kann Angst oder Wut, aber auch Neid oder Scham sein. Die Wahrnehmung (Auto sehen oder hören) steht in keiner erkennbaren Verbindung zu dieser Gefühlswelt, dient aber als Auslöser für das Aufkommen dieser Gefühle.

Laut Carl Gustav Jung existiert in der Psyche eine Energie, welche angeboren ist. Diese psychische Energie wird durch Erfahrungen und Erlebnisse nach und nach eingeschlossen. Bei einem Erwachsenen steckt diese Energie dann im Unbewussten fest. Und jedes Mal, wenn durch die Wahrnehmung ein gewissen Reiz ausgelöst wird, wird diese Energie freigesetzt und äußert sich in einer individuellen Gefühlswelt. Den Einschluss dieser psychischen Energie beschreibt Jung als Komplex.

Jungs Schichtentheorie (Strukturen der Psyche) unterscheidet zwischen einem Bewusstsein und einem Unbewusstsein, welches er zu einem Selbst zusammenfasst. Laut Jung lassen sich die unbewussten Teile der Psyche weiter gliedern, in ein kollektives und ein persönliches Unbewusstsein.

Die kollektiven Anteile sind verborgene Erfahrungen und Erlebnisse, welche die ganze Menschheit in sich trägt. Diese wurden im Laufe der Menschheitsgeschichte erworben. Sie äußern sich in Symbolen, welche Jung als Archetypen beschreibt. Jene Urbilder treten in Sagen, Mythen und Legenden auf und prägen die gesamte Menschheit unbewusst.

Das persönliche Unbewusste umfasst die Erfahrungen und Erlebnisse, welche früher dem Individuum präsent – also bewusst waren – aber aufgrund bestimmter Abwehrmechanismen verdrängt bzw. eingeschlossen wurden.

Die Theorien von Carl Gustav Jung sind akademisch, also empirisch, nicht nachweisbar. Demnach sind es Modelle, welche ein bestimmtes menschliches Verhalten erklären sollen, aber nicht statistisch belegt werden können. In der wissenschaftlichen Psychologie, welche auf Experimente und deren statistische Auswertung beruht, sind Jungs Theorien deshalb äußerst umstritten.

Jungs Anhänger, welche sich selbst als Jungianer bezeichnen, verehren ihn als Erklärer des psychischen Apparats. Sie nehmen alle Theorien und Erkenntnisse nahezu vorbehaltlos auf. Seine Gegner schieben Jungs Analyse und seine Methoden ins Unwissenschaftliche, deuten die Erklärung des Erkenntnisgewinn als Ergebnis von Alltagspsychologie und Ähnlichem.

Carl Gustav Jungs: Biographie und Zeittafel

  • 26. Juli 1875: Geburt in Kesswill, Dorf in der östlichen Schweiz
  • 1876: Umzug nach Laufen beim Rheinfall, in eine schweizerisch protestantisches Dorfgemeinschaft
  • 1880: Umzug nach Basel, Vater wird zum Seelsorger in Basler Psychiatrie Friedmatt
  • 1881: Geburt der jüngeren Schwester Johanna Gertrud, genannt Trudi
  • 1895: Aufnahme des Studiums der Medizin an der Universität in Basel
  • 28. Januar 1896: Tod des Vaters, Als Student wird Jung zum Versorger der Familie
  • 1900: Abschluss des Studiums, Aufnahme der Facharztausbildung zum Psychiater
  • ab 1900: Assistentenstelle an der psychiatrischen Universitätsklinik „Burghölzli“ in Zürich
  • 1902: Dissertationsarbeit „Zur Psychologie und Pathologie sogenannter occulter Phänomene“
  • 14. Februar 1903: Ehe mit Emma Rauschenberg
  • 1905: Habilitation zu Diagnostischen Assoziationsstudien
  • 1905: Oberarztstelle in der Züricher Universitätsklinik Burghölzli
  • ab 1906: Briefwechsel mit Freud
  • 1907: veröffentlichte Arbeit: Über die Psychologie der Dementia praecox
  • 1909: Kündigung in Burghölzli und Gründung der Privatpraxis in seinem Haus am Zürichsee
  • 1971: Erscheinen seiner Autobiographie

Was kritisiert Carl Gustav Jung an Sigmund Freud

Freud und Jung waren ab 1906 Freunde, standen im Briefwechsel und tauschten sich aus. Der weitaus ältere Freud wurde zum Mentor Jungs. Dieser übernahm zunächst Freuds Theorien zur Psychoanalyse, das Strukturmodell der Psyche und auch die Triebtheorie.

Freud sah in Jung einen Nachfolger, welcher das psychoanalytische Denken in seinem Namen fortführen könne. Doch Jung sammelte selbst Erkenntnisse bei seiner Arbeit und stellte einige Aspekte an der Freud’schen Lehre in Frage.

Laut Sigmund Freud besitzt jeder Mensch einen Geschlechtstrieb – welchen Freud als Libido beschreibt. Diese Libido ist – laut Freud – angeboren, wird aber während der Kindheit verändert. Der Geschlechts- oder Fortpflanzungstrieb äußert sich beim Säugling und Kleinkind als Wunsch nach sofortiger Erfüllung. Die Mutter wird zum ersten Objekt der Begierde, da diese Wünsche erfüllt.

In weiteren Entwicklungsstufen wird der Wunsch nach sofortiger Befriedigung aberzogen. Die Wünsche werden nicht mehr unmittelbar erfüllt und aufgrund von Erziehung lernt das Kind seine Verhaltensweisen anzupassen. Dies führt zu einer Veränderung der Libido, da die Sexualenergie des Kindes fortan nicht mehr ungehindert fließen kann. Freud bezeichnete seine Theorie als infantile Sexualität.

Jung sah in der Libido ebenfalls eine Energieform, welche allerdings einen Gleichgewichtszustand anstrebt. Demnach entsteht aus dem Fortpflanzungstrieb die psychische Energie, deren Summe immer gleichbleibt. Je nach Entwicklungsstadium (psychische Reife) und Situation wird die Sexualenergie – in verschiedene Aspekte (z.B. Lernen, Sozialkompetenz) investiert. Dadurch verändert sich die Psyche, was Jung in seinem zweiten Theorien-Konzept „Die Dynamik der Psyche“ beschreibt.

In Jungs Werk: „Wandlungen und Symbole der Libido“ publiziert er dieses Veränderungskonzept, was schließlich zum Bruch zwischen Freud und seinem einstigen Schüler führte. Laut Freud war die Libido-Auffassung Jungs nicht mit der Fortführung der Psychoanalyse vereinbar. Denn die Libido (Sexualenergie) stand im Mittelpunkt von Freuds ganzen Theorienwerk. Alle psychischen Störungen führte Freud auf die Veränderung der angeboren Sexualenergie in der Kindheit zurück. Und Jung dehnte den festumschriebenen Libido-Begriff weiter aus, wodurch Freuds Werk an Schärfe verlor.

Im Januar 1913 kündigte Freud seinem einstigen Schüler offiziell die Freundschaft. Daraufhin legte Jung im April 1914 den Vorsitz der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung nieder.

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