Die Unterschiede zwischen Bibel und Tora
Die Bibel umfasst die religiösen Schriften der Christen. Sie besteht aus einer Sammlung von rund 70 Einzelbüchern, die in ein einziges Buch aufgenommen wurden. Das Wort Bibel leitet sich vom griechischen Wort biblia ab und bedeutet „Bücher“. Die Bibel besteht aus zwei Teilen: dem Alten Testament und dem Neuen Testament.
Das Alte Testament besteht aus dem Tanach – die Urtexte der jüdischen Religion. Die Tora ist der erste Teil des Tanach und damit Teil der Bibel. Das Neue Testament widmet sich dem christlichen Heil durch Jesus von Nazareth, der als Messias bzw. Christus verehrt wird.
Inhalt
Der Tanach und das Alte Testament
Die Hebräische Bibel, der Tanach, ist ursprünglich in hebräischer und aramäischer Sprache verfasst worden. Die ältesten, heute noch erhaltenen Dokumente reichen bis ins 7. Jahrhundert v. Chr. zurück. Die mündlichen Quellen sind deutlich älter. Schon ab dem 10. Jahrhundert v. Chr. wurden sie gesammelt, miteinander verbunden und verschriftlicht.
Der Tanach besteht aus drei Teilen: die Tora (Weisung), die Nevi´im (Propheten) und die Ketuvim (Schriften). Nach orthodox-jüdischem Glauben bildet die Tora den heiligsten Kern der Schriften. Sie ist nach gläubiger Vorstellung in direkter Zwiesprache mit Gott entstanden. Die Nevi´im beruht auf göttlichen Eingebungen, Träumen und Visionen.
Die Schriften werden in Vordere und Hintere Propheten eingeteilt. Die Vorderen Propheten erzählen die Geschichte Israels. Die Hinteren Propheten verkünden die Verheißungen. Die Ketuvim stammt von Menschen, die durch den Heiligen Geist oder Atem Gottes inspiriert wurden.
Ab dem Jahr 250 v. Chr. begann schrittweise die Übersetzung ins Griechische. Diese griechische Fassung des Tanach bzw. Alten Testaments nennt sich Septuaginta.
Alle Bücher des Tanach wurden in die Bibel übernommen und gehören zum Bibelkanon. Dabei wurde die Reihenfolge leicht verändert. Die Bibel teilt das Alte Testament in vier Abschnitte auf.
- 1. Die Gesetzesbücher –> die Tora: die ersten fünf Bücher der Bibel
- 2. Die Geschichtsbücher –> Vordere Propheten im Nevi´im: Josua, Richter, Ruth, 1. und 2. Samuel, 1. und 2. Könige, 1. und 2. Chronik, Esra, Nehemia, Esther
- 3. Poetische und Lehrbücher –> Ketuvim: Psalmen, Hohelied, Sprüche, Prediger, Hiob
- 4. Prophetenbücher –> Hintere Propheten im Nevi´im: Die Großen Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel; die 12 kleinen Propheten Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai, Sacharja, Maleachi
Die Tora als Teil der Bibel
Sowohl Tanach als auch Bibel beginnen mit der Tora. Ihre fünf einzelnen Bücher haben je nach Sprache und Religion unterschiedliche Bezeichungen:
Hebräisch | Bedeutung | Griechische Bibel | Lutherbibel |
---|---|---|---|
Bereschit | Weltentstehung | Genesis | 1. Buch Mose |
Schemot | Auszug aus Ägypten | Exodus | 2. Buch Mose |
Wajikra | Buch der Priester | Levitikus | 3. Buch Mose |
Bemidbar | Zahlen und Listen | Numeri | 4. Buch Mose |
Devarim | Wiederholung d. Gesetzes | Deuteronomium | 5. Buch Mose |
Diese ältesten Schriften des Judentums wurden ursprünglich auf Papyrusrollen geschrieben. Ab dem 1. Jahrhundert waren es Pergamentrollen. Da die Größe der Rollen begrenzt war, mussten die Inhalte der Tora auf fünf einzelne Pergamentrollen aufgeteilt werden.
Ihre Aufbewahrung außerhalb von Gottesdiensten fand in Krügen statt. Deshalb erhielt die Tora in der griechischen Übersetzung den Namen Pentateuchos. Das bedeutet sinngemäß: Fünf-Gefäße-Buch. Bis heute nennt man die ersten 5 Bücher Pentateuch. Im Hebräischen heißt die gedruckte Fassung der Tora auch chamischa chumsche tora – die fünf Fünftel der Tora.
Das Wort Tora bedeutet „Lehre“, „Weisung“ oder „Gesetz“. Diese Bezeichnung bezieht sich auf die schriftlichen Inhalte der fünf Bücher. Tora ist außerdem die Bezeichnung für die physische Schriftrolle. Bis heute werden die Torarollen sorgsam handschriftlich angefertigt.
Drittens gibt es die sogenannte mündliche Tora. Sie ist in ihrem historischen Ursprung eine rein mündliche Überlieferung in Form von Hinweisen und Regeln zur Auslegung der schriftlichen Tora zu. Auch sie soll direkt von Gott übermittelt worden sein. Sie wurde im 2. Jahrhundert von Rabbi Jehuda HaNassi verschriftlicht. Diese Niederschrift heißt Mischna.
Die wichtigste erzählerische Gestalt in der Tora ist Mose. Die Geburt des Mose wird im 2. Buch Exodus geschildert, der Bericht zu seinem Tod findet sich im 5. Buch Deuteronomium. Weil Mose die zentrale Gestalt im Erzählverlauf der Tora ist, heißen die Schriften in der evangelisch-christlichen Bibel: Die fünf Bücher Mose.
In der jüdischen Tradition begleitet die Tora den Jahreslauf. An bestimmten Wochentagen wird jeweils ein Abschnitt gelesen. Zum Jahreswechsel ist die Lektüre vollendet und kann von vorn beginnen.
Die Tora und das Alte Testament der Bibel
Genesis – das 1. Buch Mose:
Die Kapitel 1 bis 11 berichten von der Schöpfung der Welt und der Menschen Adam und Eva durch Gott. Mann und Frau erkennen den Unterschied zwischen Gut und Böse und werden aus dem Paradies vertrieben. Deren Sohn Kain erschlägt den Bruder Abel. Es wird von der Sintflut berichtet und dem Friedensbund zwischen Gott und allen Menschen. Beim Turmbau zu Babel zeigt sich ihr Hochmut.
Die Kapitel 12 bis 25 beschreiben den Beginn der israelischen Geschichte. Sie dreht sich um die Verheißung auf Nachkommenschaft und Land. Gott schließt einen Bund mit Abraham. Als diesem im hohen Alter der Sohn Isaak geboren wird, wird Abrahams Gehorsam auf die Probe gestellt. Er soll seinen Sohn für Gott opfern. Doch in letzter Sekunde kommt ein Engel zur Rettung, da Abraham seinen Gehorsam bewiesen hat.
Kapitel 26 bis 36 berichten von Isaaks Heirat mit Rebekka und ihre beiden Söhne Jakob und Esau.
Ab Kapitel 37 erzählt die Genesis von Jakobs Sohn Josef und dessen Brüder. Sie verkaufen ihn nach Ägypten. In der Fremde wird Josef ein Vertrauter des Pharao. Aufgrund einer Hungersnot ziehen auch Jakob und Josefs Brüder nach Ägypten. So kommt es zur Wiedervereinigung.
Exodus – das 2. Buch Mose:
Unter einem neuen Pharao leiden die Israeliten unter ägyptischen Frondiensten. Mose wird geboren und in einem Körbchen auf dem Nil ausgesetzt. Er wächst am Hof auf, tötet einen Ägypter und flieht. Gott offenbart sich in einem brennenden Dornbusch. Mose soll die Israeliten aus Ägypten führen.
Gott sendet 10 Plagen. Dann gibt der Pharao die Israeliten frei und sie wandern 40 Jahre durch die Wüste. Am Sinai offenbart sich Gott ein zweites Mal dem Mose. Er erhält die 10 Gebote und viele weitere Gesetze und Regeln. Währenddessen stellen die Israeliten ein Goldenes Kalb her, um es anzubeten. Gott will das Volk vernichten, doch Mose bittet für sie. Zur Versöhnung wird eine Stiftshütte gebaut mit der Bundeslade. Darin werden die Steintafeln mit den 10 Geboten aufbewahrt.
Levitikus – das 3. Buch Mose:
Dieses Buch enthält Regeln, Gesetze und Opfervorschriften.
Numeri – das 4. Buch Mose:
Dieses Buch erzählt, neben weiteren Gesetzestexten, von dem Finden des Gelobten Landes. Es ist besiedeltes Kulturland. Ein dort Ansässiger heißt Bileam und spricht eine Verheißung über die Israeliten aus: Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen. (4. Mose 24,17)
Die Juden erkennen darin die Ankündigung eines Messias. Die Christen deuten das als Ankündigung des Jesus Christus.
Aaron ist der Bruder von Mose und spricht ebenfalls einen Segen. Dieser wird später ein Bestandteil von christlichen Gottesdiensten: Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. (4. Mose 6,24-26)
Deuteronomium – das 5. Buch Mose:
In diesem Buch werden die vorherigen Darstellungen noch einmal wiederholt und zusammengefasst. Sie sind als eine große Rede des Mose vor seinem Tode gestaltet. Es werden die Gesetze noch einmal interpretiert und Mahnreden gehalten. Dann stirbt Mose.
Die Bibel mit dem Neuen Testament
Die Bibel enthält neben dem Tanach die christlichen Bücher des Neuen Testaments. Die ältesten Schriften sind die Briefe des Apostel Paulus. Sie entstanden um das Jahr 50. Etwa im Jahr 70 war das erste Evangelium entstanden – das Markus-Evangelium.
Das Neue Testament besteht aus drei Teilen:
1. Die Geschichtsbücher:
Die Evangelien von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes sowie die Apostelgeschichte des Lukas berichten vom Leben und Sterben des Jesus sowie die Auferstehung. Außerdem schildern sie das Leben der Apostel.
2. Die Briefe:
Briefe von Paulus, Petrus, Johannes, Jakobus, Judas und der Hebräerbrief richten sich an unterschiedliche christliche Gemeinden und geben Hilfestellungen und Regeln für den Glauben und die Lebenspraxis.
3. Die Offenbarung:
Die Offenbarung des Johannes enthält sieben Sendschreiben an christliche Gemeinden in Zeiten rigoroser Christenunterdrückung durch den römischen Kaiser Domitian im 1. Jahrhundert. Das römische Reich tritt in der bedrohlichen Bildersprache als Hure Babylon auf, aber Gottes Verheißung wird über alle Gewalt siegen.
Spätschriften des Alten Testaments oder Apokryphen
Einige Bücher im Alten Testament sind relativ spät entstanden und liegen nur in griechischer Sprache vor. Dazu gehören: Daniel, Tobit, Makkabäer, Buch der Weisheit und Jesus Sierach. Sie werden je nach Bibelausgabe gar nicht oder an unterschiedlichen Stellen in die Bibel eingefügt. Generell unterscheiden sich in diesem Punkt die Bibeln der katholischen und der evangelischen Kirche.
Die Tora als Bestandteil der Bibel
Die Lesarten der Tora unterscheiden sich – je nachdem, ob sie als Gesetzesbücher im jüdischen Glauben gelesen werden oder als Beginn der christlichen Bibel.
Bei Christen hat sich die Lesart eingebürgert, die ersten Bücher Mose als eine geschichtliche Darstellung über den Ursprung des Judentums zu verstehen. Sie lernen darüber die Wurzeln ihrer eigenen Religion kennen und erfahren, worauf der Glaube des Jesus von Nazareth fußte.
Die wichtigsten Bücher für die Christen sind die ersten beiden Bücher. Die vielen Gesetzestexte, Opfervorschriften und Verhaltensregeln vom 2. bis zum 5. Buch sind ihnen meistens eher fremd. Im jüdischen Glauben ist die Tora das von Gott gegebene Gesetz und alle Geschichten erzählen vom Bund zwischen Gott und Mensch. Dieser Bund wird oft gebrochen und es ist Gott, der sich immer wieder um diesen Bund bemüht.
Die mythischen Erzählungen in den ersten beiden Büchern strahlen weit über Judentum und Christentum hinaus. Die Schöpfungsgeschichte im Paradies mit Adam und Eva, Noah und die Sintflut, Abraham, Moses, die Zehn Gebote oder der Tanz um das Goldene Kalb sind zu einem allgemeinen Kulturwissen geworden. Auch wenn man nicht religiös ist, kennt man diese erzählerischen Motive oder die wichtigsten Gebote wie „Du sollst nicht töten“.
Zusammenfassung
- Die Tora ist eine rituell wichtige Schriftensammlung für die jüdische Religion. Sie besteht aus 5 einzelnen Büchern und bildet den ersten Teil des Tanach.
- Der Tanach ist die Hebräische Bibel. Sie besteht neben der Tora aus den Schriften der Propheten, aus Lehrbüchern und poetischen Schriften.
- Die christliche Bibel hat den Tanach übernommen. Dieser Teil des Bibelkanons heißt: Altes Testament.
- Die Bibel ist um das Neue Testament erweitert worden. Es enthält die Evangelien, die Apostelgeschichte, die Briefe von Paulus und anderer Apostel sowie die Offenbarung des Johannes.
- Viele Motive und Gestalten aus der jüdischen Tora sind auch für Christen wichtige Bezugspunkte für ihre Religion – dazu gehören der Erzvater Abraham, Mose und die Zehn Gebote.