Chordatiere (Chordata): Steckbrief + 7 Fragen und Antworten zum Tierstamm
Chordatiere (Chordata) oder auch Rückensaitentiere genannt, sind ein Stamm des Tierreichs, unterhalb des Überstammes der Neumünder.
Inhalt
Was sind Chordatiere
Chordatiere ist ein Überbegriff, um Tiere mit einer gemeinsamen Stammesgeschichte unter diesem Begriff abzubilden. Zu den Chordatieren gehören die Unterstämme der Wirbeltiere, der Schädellosen und der Manteltiere. Demnach verbindet all diese Tierstämme eine gemeinsame Stammesentwicklung, wodurch sich dieser Tierstamm von den Stachelhäuter als Schwesterntaxa der Neumünder unterscheidet.
Die Stachelhäuter, zu denen die Seesterne oder Schlangensterne gehören sind zwar Neumünder – aber keine Chordatiere – da ihnen die wesentlichen Merkmale aller Chordatiere fehlen. (Neuralrohr, Kiemendarm, Chorda dorsalis als Urwirbelsäule – siehe unten)
Steckbrief zu den Chordatieren
- Domäne: Eukaryoten
- Reich: Tierreich
- Überstamm: Neumünder (Deuterostomia)
- Stamm: Chordatiere (Chordata)
- Unterstämme: Wirbeltiere (Vertebrata), Schädellose (Cephalochordata), Manteltiere (Tunicata)
Welche Kennzeichen und Merkmale haben Chordatiere
Gemeinsamkeiten aller Vertreter des Tierstammes sind:
- die Ausbildung eines Neuralrohrs,
- ein Stützapparat im Rücken (Chorda dorsalis),
- ein Filterapparat im Darm (Kiemendarm)
- und das Herz.
Da alle Chordatiere zu den Neumündern gehören, besitzen sie auch deren Merkmale. Kennzeichen der Neumünder und somit auch der Chordatiere wäre ein Zentralnervensystem, welches sich auf der Rückseite befindet. Weiterhin wird während der Embryonalentwicklung der Urmund zum After und zum Mund ausgebildet. Dadurch steht eine Körperöffnung für die Nahrungsaufnahme und eine Öffnung für die Abgabe der Stoffwechselprodukte (Abfall) zur Verfügung.
Die Schwestergruppe der Neumünder sind die Urmünder, welche den Urmund als Zusammenschluss von After und Mund behalten.
Welche Arten von Chordatieren gibt es
Insgesamt gibt es circa 82.000 Arten von Chordatieren, wobei die Wirbeltiere mit 78.500 bekannten Arten den größten Anteil ausmachen. Zu den Wirbeltieren gehören die Lurche, die Fische, die Kriechtiere, die Vögel und die Säugetiere. Da auch der Mensch ein Säugetier ist, ist er demnach auch ein Wirbeltier und ein Chordatier. Das bedeutet, dass die Menschheit sich mit allen anderen Chordatier-Arten eine gemeinsame Evolutionslinie (Stammesentwicklung) teilt.
Als zweite Chordatiergruppe liegen die Manteltiere zahlenmäßig hinter den Wirbeltieren. Insgesamt sind 3115 Manteltierarten bekannt. Die kleinste Gruppe bilden die Schädellosen mit circa 33 Arten, welche heute nur noch als Lanzettfischchen vorkommen.
Wo leben Chordatiere
Chordatiere, wie die Manteltiere oder Schädellosen, leben ausschließlich im Wasser. Nur der Unterstamm der Wirbeltiere entwickelte ein Landleben. Zu den Landwirbeltieren gehören die Lurche, Kriechtiere, Vögel und Säugetiere.
Bei den Lurchen findet die Fortpflanzung weiterhin im Wasser statt und die Larven (Kaulquappen) erleben ihre ersten Entwicklungsstadien ebenfalls im Wasser. Deshalb teilt man die Landwirbeltiere nochmals in amphibisch lebende und amniotisch lebende ein. Mit etwa 32.500 Fischarten lebt die Hälfte aller Wirbeltierarten ausschließlich im Wasser.
Einige Landwirbeltiere leben auch in der Luft, wie die Vögel und die Flattertiere (z.B. Fledermäuse).
Was ist der kennzeichnende Aufbau aller Chordatiere
Das Merkmal, welches zur Namensbildung für die Tiergruppe führte, ist die Chorda dorsalis. Die Chorda ist eine Urwirbelsäule, welche als langer und biegsamer Stab bei allen Chordatieren vorliegt. Während der Embryonalentwicklung der Wirbeltiere entsteht aus diesem Stab die namensgebende Wirbelsäule. Der Begriff „dorsalis“ zeigt an, dass diese Urwirbelsäule sich auf der Rückseite (dorsal) befindet.
Das zweite Kennzeichen aller Chordatiere ist das Neuralrohr. Es ist die Urform des Zentralnervensystems, welches sich während der Embryonalentwicklung bildet. Das Rohr besteht aus Rillen und Furchen, welche sich dann zum peripheren Nervensystem weiterentwickeln. Der Hauptteil des Neuralrohrs wird beim Embryo zum Gehirn und Rückenmark entwickelt, welches die beiden Organe des Zentralnervensystems bilden.
Der Kiemendarm ist eine Filteranlage, welche im Vorderdarm entsteht. Da alle Chordatiere – auch die Landwirbeltiere – ursprünglich aus dem Wasser kamen – dient dieser Darmfilter dem Aussortieren von Plankton und anderen organischen Substanzen. Dieser stellt somit eine ursprüngliche Form des Ernährungs- und Verdauungstraktes dar. Die Kiemenspalten dienen dabei als Verbindungsstück zur Außenwelt, durch welche das Plankton bzw. die Nahrungspartikel einfließen können.
Bei den Fischen entstehen aus dem Kiemendarm, während der Embryonalentwicklung, die Kiemen als Atmungssystem. Die anderen Wirbeltiere legen den Kiemendarm in ihrer Embryonalentwicklung ab. Dieser entwickelt sich demnach nicht weiter. Aus den Verbindungsstücken zur Außenwelt (Kiemenspalten) entstehen bei den Landwirbeltieren diverse Schädelknochen, wie bspw. das Innenohr.
Das Herz liegt bei allen Chordatieren auf der Bauchseite und dient dem Blutkreislauf. Bei den Manteltieren ist das Herz als Röhre angelegt, bei den Wirbeltieren entwickelt sich das Herz vom Röhrenherz zum Kammerherz weiter. Auch dies geschieht während der Embryonalentwicklung.
Was ist der Unterschied zwischen Chordatiere und Wirbeltiere
Die Wirbeltiere sind ein Unterstamm der Chordatiere. Demnach trägt jedes Wirbeltier die oben genannten Merkmale, welche während der Embryonalentwicklung entstehen. Dennoch besitzen auch Wirbeltiere ganz bestimmte Merkmale, welche die anderen Chordatiere (Manteltiere, Schädellose) nicht ausbilden.
Zum einen entwickelt sich die Wirbelsäule aus der Urwirbelsäule (Chorda dorsalis) weiter. An ihr schließt sich das Achsenskelett an, welches zum Stütz- und Bewegungsapparat wird. Die Manteltiere besitzen zwar ebenfalls ein Stützapparat, welcher allerdings die Fortbewegung nicht unterstützt.
Schädellose besitzen auch einen Bewegungsapparat mit Skelett und eingebetteter Wirbelsäule, welcher ähnlich aufgebaut ist, wie bei den Wirbeltieren. Somit schützt das Skelett der Wirbeltiere und der Schädellosen die innere Organe vor äußeren Einflüssen.
Aber anders als bei den Wirbeltiere besitzen Schädellose und Manteltiere keinen verknöcherten Schädel. Dieser ist Teil des Skeletts der Wirbeltiere. Der Schädel dient dem besonderen Schutz des Gehirns vor einem Aufprall oder Zusammenstoß, wodurch das Zentralnervensystem nochmals geschützt wird. Die Schädellosen schützen nur das Rückenmark durch den Wirbelkanal.
Das wesentliche Merkmal, welches die Wirbeltiere von allen anderen Chordatieren unterscheidet ist demnach der Schädel, weshalb man diesen Tierstamm auch als Schädeltiere bezeichnet.
Literatur
- Volker Storch (Autor), Ulrich Welsch (Mitwirkende), Kurzes Lehrbuch der Zoologie, ISBN: 3827429676*
- M. Rajeswary (Autor), Wirbellose Tiere und Chordatiere: Ein praktisches Handbuch, ISBN: 6206636623*
- Hynek Burda (Autor), Gero Hilken (Autor), Jan Zrzavý (Autor), Systematische Zoologie, ISBN: 3825242390*