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Was bedeutet Adoleszenzkrise: Definition, Ursachen und Bedeutung


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Adoleszenzkrise ist ein Überbegriff für eine Vielzahl von Störungen, die im Heranwachsendenalter auftreten. Das Auftreten dieser Störungen kann von unterschiedlichen Ereignissen ausgelöst werden. Diverse Risikofaktoren können die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer derartigen Krise erhöhen.

Adoleszenzkrise: Begriff und Definition

Der Begriff Adoleszenz stammt vom lateinischen „adolescere“, was so viel bedeutet wie heranwachsen. Im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man den Begriff für die Bezeichnung eines Jugendlichen oder Heranwachsenden. Im psychologischen Kontext unterscheidet sich die Adoleszenz von der Pubertät. Unter der Pubertät wird die körperliche Entwicklung von einem Kind zu einem Heranwachsenden bezeichnet. Die Adoleszenz meint hingegen die psychosoziale Entwicklung, die sich beim Übergang vom Kind zum Erwachsenen abspielt.

Das Wort Krise stammt ursprünglich aus dem Griechischen. Dort bedeutete es so viel wie Meinung oder Entscheidung, später Zuspitzung. Im deutschen Sprachgebrauch wurde es vom lateinischen „crisis“ übernommen. Erstmals nachgewiesen wurde der Gebrauch im 16. Jahrhundert im medizinischen Kontext, wo es die sensibelste Phase eines Krankheitsverlaufs bezeichnete. Im allgemeinen Sprachgebrauch beschreibt das Wort Krise eine schwierige Lage oder Situation.

Im psychologischen Kontext beschreibt eine Krise einen durch ein akutes (=plötzlich auftretendes) externes Ereignis ausgelösten schmerzhaften seelischen Zustand einer Person oder zwischen zwei oder mehreren Personen.

Eine Adoleszenzkrise beschreibt daher von der regulären Entwicklung abweichende, schmerzhafte, psychische Zustände eines Heranwachsenden, die von externen Ereignissen ausgelöst oder verstärkt werden. Man kann sie auch als akute Störungen der Anpassung im Jugendalter beschreiben.

Bei der Adoleszenzkrise handelt es sich nicht um eine spezifische, medizinische Diagnose. Vielmehr ist dies ein Oberbegriff für eine Reihe von Auffälligkeiten oder Störungen unterschiedlicher Ausprägung, die im Jugendalter auftreten. Gemeinsame Merkmale dieser Störungen sind das erstmalige Auftreten im Übergang zwischen Kind und Erwachsenen, eine meist begrenzte Dauer, jedoch verbunden mit einer hohen Dramatik. In vielen Fällen kann man sie als Überspitzung der normalen Entwicklung bezeichnen. In der Regel „verwachsen“ sich die Probleme einer Adoleszenzkrise, verschwinden also mit zunehmender Reife. Nur in seltenen Fällen sind sie Vorboten einer dauerhaften psychischen Störung oder Erkrankung.

Auch wenn es in der Phase des Heranwachsens vermehrt Konflikte gibt, sind richtige Krisen eher selten. Die meisten Jugendlichen kommen ohne größere Schwierigkeiten durch die Pubertät.

Entwicklungen in der Adoleszenz

Um zu verstehen, wann man von einer Adoleszenzkrise spricht, ist es wichtig, zunächst die regulären psychischen Entwicklungen beim Übergang vom Kind zum Erwachsen zu kennen. Nur so kann man die Abweichungen davon definieren.

Die Adoleszenz selbst wird dabei in unterschiedliche Phasen eingeteilt: die frühe (11–14 Jahre), mittlere (15–17 Jahre) und späte Adoleszenz (18–21 Jahre). In dieser Phase finden zum einen gravierende körperliche Veränderungen aufgrund der Hormonumstellung statt. Die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale werden ausgeprägter. Beim weiblichen Körper erfolgt eine vermehrte Fetteinlagerung. Aber auch das Gehirn erfährt in dieser Zeit signifikante Umbauten und Veränderungen. Die Gehirnentwicklung ist erst mit Ende der dritten Adoleszenzphase abgeschlossen.

Während dieser Umbauphase des Gehirns kommt es häufig zu Phasen, in denen der impulsive Teil des Gehirns und der regulierende Verstand unterschiedlich stark ausgeprägt und somit im Ungleichgewicht sind. Jugendliche handeln daher eher impulsiv und es fällt ihnen schwerer als Erwachsenen, Emotionen zu steuern. Auch führen diese Entwicklungsschübe dazu, dass Jugendliche häufig unterschiedlich stark motiviert oder zur Konzentration fähig sind, sowie Stimmungsschwankungen unterliegen, die sie kaum bewusst steuern können.

Jugendliche leiden grundsätzlich häufiger an Gefühlen des Unglücklichseins als Kinder oder Erwachsene. Studien haben herausgefunden, dass von Jugendlichen vermehrt ein Rückgang der Lebensqualität in allen Bereichen ihres Lebens empfunden wird. In dieser Phase ist es daher auch schwieriger, Befindlichkeitsstörungen von echten psychischen Diagnosen abzugrenzen.

Während der Phase des Heranwachsens sind vom Jugendlichen zudem verschiedene Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Neben der Aufgabe der Akzeptanz des eigenen sich stark verändernden Körpers, findet ein Loslösungsprozess von den Eltern und eine starke Orientierung hin zu den Gleichaltrigen, der sogenannten Peer-Group, statt. Gleichzeitig entwickelt der Jugendliche seine eigene Persönlichkeit und Identität und versucht sich in einer Gruppe mit seiner Individualität einzufinden.

Risikofaktoren

Da eine Krise nach der oben dargelegten Definition von externen Ereignissen ausgelöst wird, gibt es Umstände, welche ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Adoleszenzkrise darstellen.

Familiäre Belastungen

Je nach Art der Krise kann eine familiäre Vorbelastung ein Auslöser sein oder diese verstärken. So führen beispielsweise instabile familiäre Bindungen, Alkohol– und Drogenkonsum sowie Gewalt in der Familie zu einem höheren Risiko einer Adoleszenzkrise. Auch wenn der Heranwachsende, in dieser ohnehin für ihn schwierigen Übergangsphase, nicht von seiner Familie in seiner Individualität angenommen und liebevoll begleitet wird, verstärkt dies das Risiko.

Ebenfalls eine Rolle spielt die genetische Disposition (= erbliche Veranlagung). Beispielsweise ist nachgewiesen, dass die Veranlagung zur Sucht vererbt werden kann und ein Jugendlicher mit entsprechenden Erbanlagen einem höheren Risiko diesbezüglich unterliegt.

Vorerfahrungen in der Kindheit spielen ebenfalls eine große Rolle, wie Heranwachsende mit den Herausforderungen in dieser Zeit umgehen können.

Geschlechtsspezifische Aspekte

Aus der hormonellen Entwicklung und den gesellschaftlichen Erwartungen an das Geschlecht ergeben sich ebenfalls Risikofaktoren für Adoleszenzkrisen.

Studien haben geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen bei der Entwicklung von Störungen während der Pubertät festgestellt. Zurückgeführt wird dies zum einen auf die unterschiedliche Gehirnentwicklung in dieser Phase sowie die unterschiedliche Hormonausschüttung. Auch unterliegen Mädchen anderen gesellschaftlichen Erwartungen und somit anderem Druck als Jungen, wodurch sich unterschiedliche Arten von Störungen in diesem sensiblen Alter herausbilden können.

Klinisch beobachtet wird ein immer früheres Einsetzen der Pubertät. Insbesondere bei Mädchen hat dies einen Anstieg von Störungen zur Folge. Das Risiko für Magersucht, Störungen des Sozialverhaltens sowie autoaggressive Handlungen wie Suizidversuche und selbstverletzendes Verhalten ist für Mädchen mit besonders frühem Beginn der Pubertät signifikant höher. Signifikant bedeutet hierbei, dass der Unterschied so viel höher ist, dass er nicht mehr als zufällig gelten kann, sondern ein Zusammenhang bestehen muss. Neben biologischen Faktoren können vor allem Überforderungen durch zu hohe Erwartungen des Umfeldes Ursache dafür sein.

Bei Jungen hingegen ist eine spät einsetzende Pubertät mit einem erhöhten Risiko für eine Adoleszenzkrise verbunden. Sie entwickeln dann psychische Störungen, weil sie unter dem Gefühl der Unzulänglichkeit sowie mangelnder Anerkennung durch Gleichaltrige leiden.

Statistisch erwiesen ist zudem, dass Jungen in diesem Alter häufiger körperliche Verletzungen sowie körperliche Auswirkungen von übermäßigem Alkohol- und Drogenkonsum davon tragen. Mädchen werden häufiger Opfer von sexuellem Missbrauch. Diese Ereignisse haben Auswirkungen auf die Entwicklung von entsprechenden Krisen.

Auch die Strategien im Umgang mit Problemen unterscheiden sich zwischen den Geschlechtern. Mädchen neigen im Schnitt mehr dazu zu grübeln und haben dabei quälende Gedanken. Dafür suchen sie eher Hilfe von außen. Jungen hingegen lösen Probleme häufig durch Ablenkung und teilen diese seltener ihrem Umfeld mit. Dies wirkt sich darauf aus, wie sich eine Krise jeweils entwickeln kann.

Durch Studien wurden insgesamt folgende Risikofaktoren für eine Adoleszenzkrise festgestellt:

In der Familie:

  • zu strenge Erziehung und Kontrolle
  • Vernachlässigung und zu wenig Beaufsichtigung und Begleitung
  • Dauerhafte Streitigkeiten zwischen den Eltern, sowie Trennung und Scheidung
  • psychische Erkrankungen der Eltern
  • Alkohol- und Drogenmissbrauch durch die Eltern
  • Straffälligkeit der Eltern

In der Peer-Group:

  • Kontakt zu sozial auffälligen oder straffälligen Gleichaltrigen

Im sozialen Umfeld:

  • Armut
  • schlechte Wohnverhältnisse (zu beengt, „sozialer Brennpunkt“, soziale Isolation)
  • Migration

Arten von Adoleszenzkrisen und deren mögliche Ursachen

Adoleszenzkrisen werden hinsichtlich ihrer Ursachen, ihres Verlaufs und ihrer Auswirkungen unterschieden.

Depressive Störung

Depressive Störungen äußern sich bei Jugendlichen anders als bei Kindern und Erwachsenen. Insbesondere sind Abweichungen im Gehirn feststellbar. Symptome für depressive Störungen bei Jugendlichen sind: niedriges Selbstvertrauen, wenig Antrieb, psychosomatische Beschwerden, wie Bauchschmerzen ohne andere erkennbare körperliche Ursache, Traurigkeit, Appetitlosigkeit sowie Schlaf– und Essstörungen.

Zu den möglichen Ursachen gehören familiäre Vorbelastungen mit ähnlichen Erkrankungen und einschneidende, schwerwiegende Ereignisse, wie der Tod eines Elternteils oder die Trennung der Eltern. Auch Armut und Gewalterfahrungen, sowie Vernachlässigung und soziale Isolation erhöhen das Risiko für einen Heranwachsenden an einer depressiven Störung zu leiden.

Angsterkrankungen

Studien haben festgestellt, dass fast jeder fünfte Jugendliche an einer Angststörung leidet. Trennungsängste bilden sich in diesem Alter zurück, dafür nehmen generelle Angsstörungen, wie Angst oder Panik vor Menschenmengen oder soziale Phobien stark zu.

Als Ursache wird der generelle Umbruch in dieser Lebensphase gesehen. An Jugendliche werden höhere Anforderungen als an Kinder gestellt. Zudem steigt das Bewusstsein für das eigene mögliche Versagen und das damit einhergehende Schamgefühl. Hier entsteht oftmals ein Teufelskreis von einer negativen Erfahrung, die eine Vermeidungsstrategie zur Folge hat, die zu erneutem Versagen und zunehmender Angst führen kann.

Essstörungen

Ein großer Teil der Essstörungen tritt erstmals in der Phase der Adoleszenz auf. Magersucht eher am Anfang, Bulimie (Ess-Brech-Sucht) eher gegen Ende des Zeitraums.

Folgende Ursachen werden für das Gehäufte Auftreten von Essstörungen in der Pubertät vermutet:

  • natürliche Zunahme des Fettgewebeanteils bei Frauen während der Pubertät
  • hormonelle Faktoren
  • höhere Erwartungen an Eigenständigkeit und Autonomie
  • zunehmender Einfluss von Gleichaltrigen und deren Schönheitsidealen, hier besonders verstärkt durch soziale Medien.

Störungen des Sozialverhaltens

Unter Störungen des Sozialverhaltens versteht man eine über das übliche Maß hinausgehende Verletzung anderer und von sozialen Regeln. Insbesondere fallen hierunter Gewaltdelikte und sonstiges strafbares Verhalten. Weltweit tritt dies bei 5-10% der Jugendlichen auf. Ursachen sind auch hier häufig das elterliche und soziale Umfeld, sowie präkere Lebensumstände.

Weitere Störungen

Unter dem Begriff der Adoleszenzkrise fasst man auch weitere Störungen bei der Sexualentwicklung, Autoritäts– und Identitätskrisen, Derelisationserscheinungen (verfremdete oder abnorme Wahrnehmung der Umwelt) oder narzisstische Krisen zusammen.

Folgen

Als Folge von Adoleszenzkrisen können neben den spezifischen Auswirkungen der jeweiligen Störung auch Selbstverletzungen und risikosuchendes Verhalten zeigen.

Selbstverletzungen treten häufig zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr erstmalig auf. Meist wird dabei in die Haut geschnitten („Ritzen“) oder es werden Brandwunden zugefügt. Selten sind dies Zeichen einer schwerwiegender Störung, wie einer Borderlinestörung oder Vorboten eines Suizidwunsches.

Beim risikosuchenden Verhalten beobachtet man nicht nur riskantes Verhalten im Sinne von körperlichen Gefährdungen durch große Höhen oder andere oft als „Mutproben“ verharmloste Geschehnisse sondern vor allem den übermäßigen Alkoholkonsum bis zur Bewusstlosigkeit (sogenanntes Koma-Saufen).

Fazit

Adoleszenzkrisen haben vielfältige Ausprägungen und Ursachen. Eltern und das Umfeld haben einen großen Einfluss auf das Entstehen und den Verlauf dieser Krisen. Bei auffälligem Verhalten von Jugendlichen sollte ein Kinderarzt oder Psychologe zur Abklärung hinzugezogen werden, da es sich teilweise um ernsthafte Störungen handeln kann.


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