Was hinterließ Ostrom bzw. Byzanz
Das Byzantinische Reich war Vermittler zwischen dem Osten und dem Westen. Mit der geografischen Lage zwischen Europa und Kleinasien war die Hauptstadt Konstantinopel (heute Istanbul) für die Mittlerrolle prädestiniert. Durch die Heiratspolitik des byzantinischen Kaiserhauses wurden schon früh in der Geschichte internationale, zum Teil verwandtschaftliche Verbindungen geknüpft, die noch heute von Bedeutung sind.
Es existiert ein traditionell gutes Verhältnis zwischen Griechenland, Serbien und Russland, das vor allem auf der gemeinsamen orthodoxen Religion beruht. Sie war ein Bollwerk gegen den vorrückenden Islam und hält noch heute, was sich beispielsweise im Balkankrieg Mitte der 1990er-Jahre zeigte. Griechenland verhinderte EU–Sanktionen gegen das serbische Jugoslawien.
Inhalt
Die Kirchentrennung
Im Jahr 1054 führte das sogenannte Morgenländische Schisma zur Trennung der Katholischen von der Orthodoxen Kirche. Diese Kirchentrennung wird noch heute konsequent aufrechterhalten. Annäherungen zwischen dem Papst und den Patriarchen gestalten sich schwierig und gelingen zumeist nur auf zeremoniellem Wege. Die Katholische Kirche erhebt den Anspruch auf die globale christliche Kirchenführung. Der Patriarch der Russische-Orthodoxen Kirche wiederum sieht sich und Russland in der Nachfolge des Byzantinischen Reichs.
Das Zivilrecht
Der Codex Theodosianus aus dem Jahr 438 ist eine Sammlung von römischen Gesetzen seit dem Jahr 321. Der Codex wurde nach dem Untergang des Oströmischen Reiches im Westen während der Renaissance wiederentdeckt. Er war die Vorlage für den Corpus Iuris Civilis von Justinian I., auf dem basierend wiederum die Rechtsuniversität in Bologna entstand. Studierende aus verschiedensten Ländern tragen das Erlernte weiter in ihre Heimatländer und verbreiten damit das ursprünglich römisch-byzantinische Recht in ganz Europa. Daraus entwickelten sich der Code Civil in Frankreich, das Allgemeine Landrecht in Preußen, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch in Österreich und das von Bismarck in Deutschland eingeführte Bürgerliche Gesetzbuch.
Die Architektur
Die kulturellen Hinterlassenschaften Ostroms sind immens. Profane Architektur war weniger bedeutend, wurde oftmals zerstört oder verändert wieder aufgebaut. Anders hingegen die sakrale Architektur. Kirchen überdauerten die Zeit. Das bedeutendste Bauwerk des Byzantinischen Reiches ist die Sophienkirche in Istanbul. Die Hagia Sophia gilt als achtes Weltwunder, was an ihrer riesigen freischwebenden Kuppel liegt. Sie war über eintausend Jahre lang die größte Kirche in der christlichen Welt.
Die Hagia Sophia war stilprägend für alle späteren orthodoxen Kirchen in Ostrom. Selbst Westrom versuchte sich architektonisch an Byzanz anzulehnen. Der Dom von Florenz ist das Ergebnis dieser Versuche. Aber auch die islamische Welt versuchte sich im byzantinischen Stil. Arabische Staat bauten Moscheen im Stil der oströmischen Kirchen, Beispiele sind der Felsendom in Jerusalem, die Umayyaden-Moschee in Damaskus, aber auch die Süleymaniye-Moschee und die Sultan-Ahmed-Moschee in Istanbul.
Die Wissenschaft der Antike
Während die Errungenschaften der Antike im Weströmischen Reich als heidnisch angesehen und deswegen verworfen wurden, wurden sie im Byzantinischen Reich durchgehend gepflegt. Viele Wissenschaftler aus Byzanz ließen sich nach der Eroberung Konstantinopels 1453 im Westen Europas nieder. Sie brachten antikes Gedankengut und Quellenmaterial mit, wodurch sich im wissenschaftlichen Denken westeuropäischer Wissenschaftler wieder ein Bezug zur Antike und byzantinischen Spätantike ergab. Dieses Umdenken leitete in Europa die Renaissance ein.
Die Kunst und Reliquien
Die Eroberung Konstantinopel während des Vierten Kreuzzuges durch die christlichen Kreuzfahrer der Westkirche hatte unter anderem einen Totalverlust der Kunstwerke zur Folge. Sie wurden zerstört oder geraubt. Heute befinden sich einige davon verstreut in Museen in ganz Europa, etwa die Quadriga des Hippodroms von Konstantinopel. Sie befindet heute im Archäologischen Museum von Venedig.
Im Dom zu Limburg befindet sich eine äußerst wertvolle byzantinische Bibel, in der Notre Dame in Paris die Dornenkrone Jesu, in anderen Kirchen wie in Rom, Wien oder Bamberg befinden sich Reliquien des Heiligen Kreuzes, die sich seit Konstantin I. in Konstantinopel befanden.