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Was waren die Botschaften und Lehre von Jesus Christus


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Jesus von Nazaret ist die Schlüsselfigur des Christentums, und die Evangelien stellen die wichtigsten Quellen zu seinem Wirken und seinen Positionen dar. Da diese aber erst im Nachhinein vor dem Hintergrund der Missionierung entstanden, muss man etwas genauer hinsehen, um den wahren Jesus und seine Botschaften herauszufiltern.

Zum historischen Hintergrund

Da Jesus primär eine religiöse Figur ist, ist es unerlässlich, den historischen Rahmen abzustecken:

Der Name

Die Person, die wir heute gemeinhin als Jesus Christus kennen, hieß im Aramäischen ישוע (Jēšū) oder der Aussprache entsprechend ins Deutsche übertragen Jeschua bzw. Jehoschua als Transkription des hebräischen יהושוע, im Altgriechischen Ἰησοῦς (Iēsoûs) und im Lateinischen Iesus, was dann im Deutschen wiederum zu Jesus wurde. Daran angehängt folgte dann „von Nazaret“ in der jeweiligen Sprache als Herkunftsbezeichnung, denn es gab zur damaligen Zeit etliche Menschen dieses Namens. Und Nazareth ist ein Ort in der Region Galiläa, im Norden des heutigen Israel.

Der Zusatz „Christus“ im Lateinischen und Χριστός (Chrīstós) im Altgriechischen bedeutet „der Gesalbte“. Das hebräische משיח (Maschiach) oder „Messias“ hat dieselbe Bedeutung. Da wir uns in diesem Text aber mit der historischen Person befassen werden und nicht mit der religiösen Figur, wird hier von Jesus von Nazaret gesprochen werden. Der Genitiv des lateinischen „Iesus“ wäre „Iesu“, womit der Genitiv im Deutschen „Jesu“ lautet.

Das Problem mit der Quellenlage

Da die Bedeutung des Jesus von Nazareth erst nach seinem Tod offenkundig wurde, gibt es praktisch keine zeitgenössischen Aufzeichnungen seiner Lehren, keine Zeitzeugenberichte oder gar Schriften aus der Feder Jesu selbst. Das wichtigste Zeugnis seiner Lehren ist zweifelsohne das Neue Testament, in dem die zuvor mündlich überlieferten Erzählungen über das Wirken Jesu verschriftlicht wurden, wobei es auch apokryphe, also nicht-kanonische christliche Texte gibt.

Als kanonisch bezeichnet man jene Texte, die in die Bibel, dem sogenannten Bibelkanon, aufgenommen wurden. Bei den Evangelien wären das Matthäus (מתתיהו Matitjahu), Markus (Marcus), Lukas (Λουκας Loukas) und Johannes (Ἰωάννης Ioánnes). Doch keines dieser Evangelien gibt selbst einen Verfasser an. Stattdessen wurden erst im Nachhinein die Verfasser zugeordnet, welche Zeitgenossen Jesu gewesen sein sollen. Und dies geschah, obwohl alle Evangelien erst Jahrzehnte nach Jesu Tod entstanden sind. Es wird daher vermutet, dass diese von einem früheren Urevangelium – welches zu Lebzeiten Jesu entstanden sein muss – abgeschrieben wurden.

Rein wissenschaftlich gesehen, würden die Evangelien – aufgrund ihrer fehlenden historischen Glaubwürdigkeit- in den Bereich von Mythen und Legenden anzusiedeln sein. Die Mythologien im Polytheismus (Vielgötterei), welche ebenfalls auf Grundlage mündlicher Überlieferungen und erst Jahre später aufgeschrieben wurden, fallen unter diese Begrifflichkeit. Doch das Christentum ist eine Weltreligion, welche das Zusammenleben der Menschen in Europa, das Entstehen von Zivilisationen und Ordnungssystemen mitbestimmt hat. Demnach existiert ein zu großes historisches Fundament und zu viele Glaubensanhänger, so dass man diese Glaubensgrundlage nicht entwerten darf.

Nun sind religiöse Texte aber stets von den persönlichen Glaubensvorstellungen ihrer Verfasser geprägt und man kann auf ihrer Grundlage und der des historischen Kontexts nur Hypothesen über die tatsächlichen Lehren Jesu stellen. Andererseits gibt es auch keine schriftlichen Aufzeichnungen von Sōkrátēs (469 – 399 v. Chr.) selbst, sondern nur Wiedergaben seiner Lehren aus der Feder seiner Schüler Plátōn (428 – 348 v. Chr.) und Xenophṓn (430 – 354 v. Chr.). Dennoch würde niemand die Bedeutung Sōkrátēs‘ als Begründer der westlichen Philosophie anzweifeln. Und auch Sōkrátēs starb, weil er sich bereitwillig für seine Lehren verurteilen und hinrichten ließ.

War Jesus eine historische Person?

Nur weil es keine Zeitzeugenberichte gibt, sollte man Jesu Existenz nicht anzweifeln. Tatsache ist, dass es zur Lebzeiten Jesu viele vergleichbare religiöse Lehrer im heutigen Israel gab. Die vielleicht größte Pointe von „Das Leben des Brian“ ist, dass der Film – abseits all des Klamauk – die Lage im besetzten Judäa recht authentisch einfängt. Die Juden sehnten sich verzweifelt nach einem Messias, der sie von der Vorherrschaft der Römer befreite und schlossen sich daher Predigern an, derer es viele gab.

Ironischerweise dürften die Lehren Jesu gerade deshalb überdauert haben, weil sie sich nicht zwingend auf eine Befreiung von den Römern bezogen, sondern als weit darüber hinausgehende Heilsbotschaften begriffen werden konnten. Einfach ausgedrückt: Wenn man sich als religiöser Führer nicht auf bald eintretende Ereignisse festlegt, ist das Risiko, dass sich die eigenen Pläne und Vorhersagen nicht bewahrheiten, überschaubar. Oder anders gesagt: Die Prophezeiungen des Jesu über ein Reich Gottes, welches irgendwann in der Zukunft eintreten wird und bei dem sich alle Sünder vor einem Gottesgericht verantworten müssten, waren praktikabel und leicht zugänglich. Um ins Reich Gottes aufgenommen zu werden, wendeten sich die Menschen von der Sünde ab und dem Wanderprediger Jesus zu.

Schon bald schuf Jesus eine Schar von Anhängern um sich, welche aus Jüngern und den 12 Aposteln bestand. Letztere waren Auserwählte bzw. ein enger Kreis von Vertrauenspersonen, welche Jesus dazu aufrief, seine Botschaften zu verkünden und so seine Lehre zu verbreiten. Unterstützt wurde die Missionierung durch Erzählungen von Wundertaten, welche Jesus verbracht haben soll. Diese dienten als Beweis, dass das Reich Gottes tatsächlich bevorstehe oder bereits Teil der Gegenwart ist.

Die Autoren des Neuen Testaments beschreiben auch, dass Jesus den Römern durchaus wohlgesonnen erschien und umgekehrt. Zugleich werden die Juden, die sich nicht Jesus anschlossen, zu den eigentlichen Feinden umgedeutet, was jedoch jeglicher historischer Grundlage entbehrt. Schließlich werden die Juden in den Evangelien des Neuen Testaments zu den eigentlichen Sündern erklärt. Denn Jesus sollte laut den Darstellungen der Evangelien gekreuzigt werden, doch der römische Statthalter Pontius Pilatus rief zur Gnade auf. Die Bevölkerung sollte nun entscheiden, ob Jesus oder der Mitgefangene Barabbas ans Kreuz genagelt wird. Die jüdische Bevölkerung forderte den Tod Jesu. Es wird daher angenommen, dass in den Evangelien die Passion Christi, wie der Leidensweg Jesu auch bezeichnet wird, etwas judenfeindlich dargestellt wird, um vom eigentlichen Vergehen der Römer abzulenken. Im Markusevangelium steht dazu:

„Jeweils zum Fest ließ Pilatus einen Gefangenen frei, den sie sich ausbitten durften. Damals saß gerade ein Mann namens Barabbas im Gefängnis, zusammen mit anderen Aufrührern, die bei einem Aufstand einen Mord begangen hatten. […] Die Hohenpriester aber wiegelten die Menge auf, lieber die Freilassung des Barabbas zu fordern. Pilatus wandte sich von neuem an sie und fragte: Was soll ich dann mit dem tun, den ihr den König der Juden nennt? Da schrien sie: Kreuzige ihn!“ (Mk 15,1 ff)

Nach der Kreuzigung bestand die Jesusbewegung weiterhin und wurde durch die Anhänger Jesu fortgesetzt, welche dessen Auferstehung drei Tage nach dem Tod zum Anlass nahmen. Später folgte die Christenverfolgung. Erst 393 n.Chr., also circa 400 Jahre nach der Kreuzigung, wurde das Christentum zur Staatsreligion im Römischen Reich erklärt, wodurch sich das Bild und die Rolle des historischen Jesu stark veränderte.

Die Geschichtswissenschaft geht heute davon aus, dass es einen realen Wanderprediger gab, der vom Grundtenor das predigte, was wir heute als die Lehren Jesu ansehen. Ob dieser Mensch nun wirklich Jesus bzw. Jēšū hieß, als Messias oder König der Juden verehrt wurde, bleibt aufgrund der einseitigen Geschichtsdarstellungen, welche von seinen Anhängern stammen, weiter ungewiss.

Die Frage nach seiner Göttlichkeit wiederum ist ein Thema für die Theologen und nicht für die Historiker. Eines kann man jedoch mit ziemlicher Sicherheit ausschließen und das ist die Geburt Jesu am 25. Dezember des „Jahres 0“. Nicht nur, dass auf das Jahr 1 v. Chr. das Jahr 1 n. Chr. folgt, nein: Ironischerweise ist es die Bibel selbst, die eine Geburt im Jahre 7 v. Chr. nahelegt, da das als „Stern von Bethlehem“ bekannte Himmelsphänomen sich im Jahre 7 v. Chr. ereignete. Es handelt sich hierbei um eine sehr seltene Konstellation von Erde, Jupiter und Saturn, die den Eindruck eines hellen, wandernden Sternes erzeugt.

In der Bibel wird auch erzählt, dass Herodes der Große zum Zeitpunkt der Geburt des Gottessohnes der König über Judäa gewesen sein soll. Bekannt ist, dass Herodes im Jahr 4. v.Chr. starb. Demnach kursiert der Zeitpunkt von Christi Geburt irgendwo zwischen den Jahren 7 v.Chr. und 4 v.Chr.

Was den 25. Dezember angeht, wurde dieses Datum wohl wegen dem heidnischen Fest zur Wintersonnenwende ausgewählt. Somit konnte man ein Fest, welches die Bevölkerung bereits zu Ehren eines Sonnengottes feierte, entsprechend umdeuten, so dass ein anhaltender Kulturwandel einsetzen konnte.

Botschaften und Lehren des Jesus

Wer alle Botschaften und Lehren Jesu erfassen will, wird um die Lektüre der Bibel als Primärquelle schwerlich drumherum kommen. Es folgt nun also eine Zusammenfassung und Einordnung der wichtigsten Kernthesen:

Verhältnis zum Judentum und dem heutigen Christentum

Man darf nie vergessen, dass sowohl Jesus als auch seine Anhänger nie im Sinn hatten, eine neue Religion zu begründen, sondern das Judentum zu reformieren und weiterzuführen. Jesus war kein Christ, er war Jude und seine Lehre lässt sich daher nur auf Grundlage des Alten Testaments, aber auch im Kontrast zu diesem verstehen.

Die Kritik Jesu, die er an die Priester seiner Zeit richtete, würden bei Lichte betrachtet auch auf weite Teile der heutigen Kirchen und deren Praxis zutreffen. Nehmen wir hierzu einmal Matthäus Kapitel 23 und ersetzen im Geiste einfach Begriffe wie „Pharisäer“ und „Schriftgelehrter“ durch „Pfarrer“, „Pastor“ oder auch „Bischof“, „Synagoge“ und „Tempel“ durch „Kirche“ und „Rabbi“ durch „Pater“, dann wird schnell klar, dass Jesus auch von denen, die heute in seinem Namen sprechen, nicht viel gehalten hätte:

„Auf dem Stuhl des Mose sitzen die Schriftgelehrten und die Pharisäer. Alles nun, was sie euch sagen, das tut und haltet; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln; denn sie sagen’s zwar, tun’s aber nicht. Sie binden schwere und unerträgliche Bürden und legen sie den Menschen auf die Schultern; aber sie selbst wollen keinen Finger dafür rühren. Alle ihre Werke aber tun sie, damit sie von den Leuten gesehen werden. […]“

„Sie sitzen gern obenan beim Gastmahl und in den Synagogen und haben’s gern, dass sie auf dem Markt gegrüßt und von den Leuten Rabbi genannt werden. Aber ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn einer ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder. Und ihr sollt niemand euren Vater nennen auf Erden; denn einer ist euer Vater: der im Himmel. Und ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen; denn einer ist euer Lehrer: Christus. Der Größte unter euch soll euer Diener sein. Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden. Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschen! Ihr geht nicht hinein und die hineinwollen, lasst ihr nicht hineingehen. Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr Land und Meer durchzieht, damit ihr einen Proselyten gewinnt; und wenn er’s geworden ist, macht ihr aus ihm ein Kind der Hölle, doppelt so schlimm wie ihr. Weh euch, ihr blinden Führer, die ihr sagt: Wenn einer schwört bei dem Tempel, das gilt nicht; wenn aber einer schwört bei dem Gold des Tempels, der ist gebunden. Ihr Narren und Blinden! Was ist denn größer: das Gold oder der Tempel, der das Gold heiligt? […]“

„Und wer schwört bei dem Tempel, der schwört bei ihm und bei dem, der darin wohnt. Und wer schwört bei dem Himmel, der schwört bei dem Thron Gottes und bei dem, der darauf sitzt. Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen.

Ihr blinden Führer, die ihr Mücken aussiebt, aber Kamele verschluckt! Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr die Becher und Schüsseln außen reinigt, innen aber sind sie voller Raub und Gier! Du blinder Pharisäer, reinige zuerst das Innere des Bechers, damit auch das Äußere rein werde! Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von außen hübsch scheinen, aber innen sind sie voller Totengebeine und lauter Unrat! So auch ihr: Von außen scheint ihr vor den Menschen gerecht, aber innen seid ihr voller Heuchelei und missachtet das Gesetz.“

Ein Satz aus der Bergpredigt zur Tora ist in diesem Zusammenhang äußerst interessant, da strittig:

„Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.“(Matthäus 5, 17)

Die Bergpredigt

Die Bergpredigt ist allgemein als eine Konstruktion der jeweiligen Evangelisten anerkannt, die darin die Lehren Jesu sammeln. Da Jesus sich sonst stets sehr explizit zur Auslegung einzelner Gesetze äußert und dabei oft eine progressive und nachsichtige Position einnimmt, hin und wieder aber auch eine verschärfende, passt die Berufung auf die Tora, also den Pentateuch (Πεντάτευχος Pentáteuchos = „Fünfbuch“) als Ganzes nicht wirklich ins Gesamtbild.

Die fünf Bücher Mose, welche die Tora bilden, beinhalten nicht nur die zehn Gebote, sondern zahlreiche Vorschriften, die wir heute als veraltet ansehen: Speisevorschriften, Verbot homosexueller Intimität, Ablehnung von Tätowierungen, Opferzeremonien und sogar Regeln zur Sklavenhaltung. Allesamt Verbote und Gebote, die nicht zu anderen Teilen der Bergpredigt selbst passen wollen:

„Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.“ (Matthäus 5,3 ff.)

Der Kern der Ideologie des Jesus von Nazareth war es, anderen mit Respekt und Güte zu begegnen und das ohne jedwede Einschränkung. Man spricht dabei vom Gebot der Nächstenliebe.

Gebote der Nächstenliebe und Rücksichtnahme

Das Gebot der Nächstenliebe ist ein zentraler Grundsatz in den Lehren Jesu:

„Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft. Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.“ (Markus 12, 29 ff.)

Dies wird heute neumodisch gerne auch mit „Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem andern zu“ wiedergegeben, verpasst aber dabei den Kerngedanken völlig. Zunächst liegt dem neueren Sinnspruch eine fatale Fehlannahme zugrunde, nämlich dass etwas, was man selbst als unangenehm empfindet, auch jemand anders als unangenehm empfindet, und im Umkehrschluss, dass etwas, das einem selbst nichts ausmacht, auch dem anderen nichts ausmacht.

Nun sind wir aber alle Individuen mit ganz eigenen Bedürfnissen und Grenzen. Jesu Botschaft geht daher weiter und konzentriert sich nicht auf die Handlungsebene, sondern auf die Gefühlsebene. Jesus gebietet, den anderen etwas nicht empfinden zu lassen, was man selbst nicht empfinden möchte. Außerdem sollte man seinen Mitmenschen beistehen und ihnen mit Liebe zu begegnen. Die damaligen Hohepriester lehrten die Nächstenliebe bereits, da dieses Gebot in der Tora verankert ist. Jedoch ging Jesus diese Nächstenliebe nicht weit genug. Und so zog er auch Widersacher und Sünder in das Gebot der Nächstenliebe mit ein und setzte dieses mit Gottesfurcht gleich.

Gebote der Teilung und Verteilung

Aufbauend auf dem Grundsatz der Nächstenliebe waren die urchristlichen Gemeinden von ihrem Gesellschaftsmodell her als kommunistisch einzustufen. Überhaupt kann man sagen, dass Karl Marx (1818 – 1883) und Jesus von Nazareth sich abseits theologischer Fragen wohl in vielem einig gewesen wären, auch wenn konservative Christen heute das nicht gerne hören. Jesus predigt, Wohlstand zu teilen bzw. zu verteilen.

„Jesus sprach zu ihm: Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!“(Matthäus 19,21)

Überhaupt ist die Hinwendung zu den Armen und den Kranken oder anderen aus der Gesellschaft ausgeschlossenen zentraler Aspekt vom Wirken Jesu.

Aufruf zur Feindesliebe

Eine Geschichte wie die vom Barmherzigen Samariter (vergleiche hierzu: Lukas 10,25-37) unterstreicht dabei einen weiteren wichtigen Aspekt, der auch in der Bergpredigt aufgegriffen wurde:

„Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“
(Matthäus 5,44 f.)

Man spricht hierbei von der Feindesliebe. Jesus gebietet also, sich auch jenen zuzuwenden, die nicht Teil der eigenen Gruppe sind. Dadurch schließen sich christliche Grundwerte und Rassismus, Sexismus, Homophobie, Disabelismus, Nationalismus und dergleichen aus. Auch jeglicher Ausschluss nicht- oder andersgläubiger Personen von der Nächstenliebe, aber auch vom Heilsversprechen widersprächen dem Gebot der Feindesliebe, obgleich spätere Bücher des Neuen Testaments wie etwa die Offenbarung des Johannes es so auslegen, dass nur jene in das „Reich Gottes“ kommen, die sich zu Jesus bekennen.

Man kann davon ausgehen, dass Aussagen Jesu in der Bibel, in denen er darauf beharrt, man müsse sich zu ihm und Gott bekennen, ihm von jenen in den Mund gelegt wurden, die das Judenchristentum als religiöse Strömung stärken wollten. Das Drohen mit Hölle und Verdammnis, wie Jesus es etwa in der apokryphen Petrusoffenbarung von sich gibt, passt nicht zu seinen sonstigen Lehren. Deshalb sahen einige frühchristliche Strömungen wie die Gnostiker auch einen Widerspruch zwischen alt- und neutestamentalischem Gott.

Einladung aller Menschen zur Tischgemeinschaft

Jesus praktizierte aktiv die Tischgemeinschaft, in dem er seinen Tisch und seine Nahrung mit jedem teilte. An diesem Tisch hatten auch Kritiker und Feinde Jesu einen Platz. So berichten die Evangelien, dass Jesus seinen Tisch mit Zöllnern (römischen Steuereintreibern) und Sündern teilte.

Als Jesus in Jerusalem einzog, fand zu diesem Zeitpunkt das jüdische Pessachfest statt. Dazu kamen die Pilger im Jerusalemer Tempel zusammen, um dort zu beten. Doch die Hohepriester des Tempels, welche als Sadduzäer bezeichnet werden, gestatteten nur jüdischen Pilgern Zutritt. Jesus störte sich an den Tempelaristokraten, an ihrem selbstgerechten Opferkult und am Anschluss von Andersgläubigen. Dies verstieß gegen seine Tischgemeinschaft, wonach alle Menschen einen Platz an seinem Tisch (Tempel, Kirche) haben sollten.

Jesus Lehre war eine Einladung für alle Menschen und nicht ein Einschluss von Andersgläubigen, wie es die Hohepriester im Tempel praktizierten. Um seinen Protest zu zeigen, soll Jesus die Handelsstände im Tempelhof umgestoßen und den Kauf von Opfergaben unterbunden haben. Dies führte zu Kritik, zu Ablehnung und zu einer Verschwörung, um den angeblichen Messias umzubringen.

Vergebung

Jesus sah die Wertvorstellungen der Tora zwar oftmals als sinnvoll an, wenn es sich um moralische Fragen drehte, predigte aber anders als das Alte Testament keine Strafe für etwaige Sünden. Stattdessen sollte Sündenvergebung das Ziel eines jeden Gläubigen sein, um so selbst nicht Sünder zu werden.

Besondere Bekanntheit erlangte in diesem Zusammenhang die Geschichte einer Ehebrecherin aus dem Johannesevangelium. Die Frau sollte gemäß der Tora gesteinigt werden, als Jesus dazwischen ging und forderte:

„Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“(Johannes 8,7)

Die Vergebung der Sünden wurde so zum zentralen Motiv des Christentums. Demnach gibt es kein Verbrechen, dass Gott einem nicht vergeben würde, wenn man wahre Reue zeige. Über Recht und Unrecht zu entscheiden, obliegt auch einzig Gott und nicht dem Menschen:

„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn wie ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen! – und siehe, ein Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.“ (Matthäus 7,1 ff.)

Jesus gab sich den Sündern mit besonderer Hingabe hin, denn diese waren es – welche seine Hilfe wirklich benötigten. Menschen ohne Sünde, egal ob diese wirklich geben kann, brauchten Jesus nicht. Denn diese waren bereits frei und würden ins Reich Gottes aufgenommen werden. Um alle anderen wollte sich Jesus besonders kümmern.

Botschaft der Seligpreisung

Die Seligpreisung war ebenfalls eine zentrale Botschaft, welche Jesus seinen Anhängern zukommen ließ. Darunter werden Glückwünsche und Botschaften der Heilung verstanden. Jesus verkündete, dass die Ärmsten und Notleidendsten im Reich Gottes sehr viel Glück, Heilung und Wohlstand erfahren werden, als Ausgleich für ihr bisheriges Leid.

Außerdem versprach er, dass das Erlassjahr, welches ein vergessenes Gebot im Judentum war, wieder eingeführt werden wird. Dadurch sollten allen Schuldnern ihre Schulden erlassen werden, so wie es in der Tora steht, allerdings nicht praktiziert wurde.

Botschaften der Erneuerung und Reformation

Jesu Versprechen des Reichs Gottes wurde von seinen Zeitgenossen als ein bald herannahendes Ereignis gesehen. Knapp 2000 Jahre später können wir festhalten: Die Welt ist noch da, ihr Untergang und das Reich Gottes sind bislang nicht eingetreten. Mit dem Reich Gottes sollte aus Sicht der Galiläer vor allem die Fremdherrschaft der Römer über sie und die ganze Provinz Judäa enden. Jesus sucht auch sehr wohl die Nähe zu den aufrührerischen Zeloten. Die Bibel suggeriert jedoch an anderen Stellen, Jesus grolle den Römern nicht, etwa in Matthäus 22,15 ff.:

„Da gingen die Pharisäer hin und hielten Rat, dass sie ihn fingen in seinen Worten, und sandten zu ihm ihre Jünger samt den Anhängern des Herodes. Die sprachen: Meister, wir wissen, dass du wahrhaftig bist und lehrst den Weg Gottes recht und fragst nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen. Darum sage uns, was meinst du: Ist’s recht, dass man dem Kaiser Steuern zahlt, oder nicht? Da nun Jesus ihre Bosheit merkte, sprach er: Ihr Heuchler, was versucht ihr mich? Zeigt mir die Steuermünze! Und sie reichten ihm einen Silbergroschen. Und er sprach zu ihnen: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Als sie das hörten, wunderten sie sich, ließen von ihm ab und gingen davon.“

Dabei waren es in Wahrheit – und das ist so ziemlich der einzige Fakt, den außerbiblische Quellen belegen – die Römer, die Jesu Tod am Kreuz wollten, weil sie in ihm einen gefährlichen Aufwiegler sahen. Pontius Pilatus hat nie seine Hände in Unschuld gewaschen oder gar versucht, die Hinrichtung zu verhindern. Das führt natürlich zu der Frage, warum die Bibel die Schuld von den Römern nimmt und sie den Juden zuschiebt. Zum einen wollten die Christen es sich mit Rom wohl nicht gänzlich verscherzen, zum anderen waren es gerade die Juden, die das frühe Christentum überzeugen wollte. Juden, die Jesus nicht als Messias anerkannten, waren das primäre Feindbild. Erst mit Paulus sollte sich die Botschaft des Christentums wirklich klar ersichtlich an alle Menschen und nicht nur die zu reformierenden Juden richten.

Zusammenfassung

  • Die tatsächliche Botschaft Jesu herauszufinden, ist schwer. Denn es gibt keine zeitgenössischen Quellen zu ihm, sondern erst später nach mündlicher Tradierung aufgeschriebene Texte, die Evangelien.
  • Dennoch kann man davon ausgehen, dass es im frühen 1. Jahrhundert in Galiläa einen Wanderprediger gab, der entsprechende Lehren verbreitete. Dieser wurde zur Symbolfigur Jesus Christus erklärt.
  • Anders als andere religiöse Führer seiner Zeit verkündete Jesus zwar das kommende Reich Gottes, machte aber keine Angaben dazu, wann dieses kommen würde.
  • Obwohl sich seine Botschaft von Erlösung also nicht gegen die römischen Besatzer richtete, sahen diese ihn als Gefahr an und ließen ihn hinrichten.
  • Es ging Jesus nicht darum, eine neue Religion zu begründen, sondern das Judentum zu reformieren. Er hatte dabei keine allzu hohe Meinung von den Priestern seiner Zeit und würde wohl auch mit heutigen institutionalisierten Religionen arge Probleme haben.
  • Um das Judentum seiner Zeit zu reformieren, griff er immer wieder Gebote der Tora heraus und nahm zu ihnen oftmals entkräftend Stellung.
  • Statt Strafe predigte Jesus Vergebung. Er wollte, dass man Freund und Feind in Liebe begegnet. Das zwingende Bekenntnis zu Gott dürfte ihm dabei von den Autoren der Evangelien in den Mund gelegt worden sein, da es der Idee der allen zukommenden Vergebung widerspricht.

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