Die 4 wichtigen Unterschiede zwischen Pflanzen und Pilzen
Pflanzen und Pilze ähneln sich in gewisser Weise, sind dennoch äußerst unterschiedlich. Früher wurden Pilze sogar zu den Pflanzen gezählt, doch dem ist heutzutage nicht mehr so. Die Pilze bilden neben Pflanzen und Tieren ein eigenes Reich innerhalb der Eukaryoten. Wenngleich viele Pilze nur dafür bekannt sind, organisches Material zu zersetzen oder gar schädlich für Pflanzen zu sein, sind einige Pilze auf die Anwesenheit von Pflanzen angewiesen, da sie ohne diese nicht optimal leben könnten. Gleiches gilt für einige Pflanzenarten, die ebenfalls auf die Anwesenheit von Pilzen angewiesen sind und eine Symbiose mit ihnen eingehen.
Inhalt
Wieso wurden Pilze historisch als Pflanzen angesehen
Zwischen der Antike und dem 20. Jahrhundert wurden Pilze zu den Pflanzen gezählt, da sie eine sesshafte Lebensweise aufweisen. Sesshaft bedeutet, dass sie an einem Ort verbleiben, während z.B. Tiere ihren Standort durch Bewegung verändern können. Doch Pilze und Pflanzen können sich auch bewegen. So können sie bspw. wachsen, sich zum Licht oder anderen Ressourcen hinbewegen. Manche Fleischfressende Pflanze kann ihre Blätter als Falle für Insekten ausrichten, welche blitzschnell zuschnappen können, um Beute im Organismus gefangen zu halten. Dennoch verweilen Pflanzen stets an einem Standort. Ihnen fehlt somit nicht die Bewegung, sondern die Fortbewegung.
Aber auch aufgrund ihrer äußeren Erscheinung können einige Pilze zu den Pflanzen gezählt worden sein. So bilden sie eine Frucht, den oberirdischen Teil des Pilzes, welcher stark an Pflanzen erinnert. Deshalb ordnete man beide Lebewesen der Botanik zu, jener Wissenschaft – welche Pflanzen, Algen und Pilze untersucht, listet und systematisch ordnet.
Heutzutage sind viele Ergebnisse aus den Lebenswissenschaften bekannt geworden, die nahelegen, dass Pilze näher mit Tieren verwandt sind als mit Pflanzen.
Unterschiede zwischen Pflanzen und Pilzen
Die Gründe, weshalb die Pilze heutzutage nicht mehr zu den Pflanzen zählen, sind vielfältig. Die offensichtliche Sesshaftigkeit spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Denn Sesshaftigkeit existiert auch bei Tieren wie z.B. Schwämmen oder Korallen, welche sich ebenfalls nicht fortbewegen. Anstelle der offensichtlichen Merkmale schaut man sich in der Biologie bestimmte Prozesse, Lebensweisen und die Zytologie (Zelllehre) an, um Lebewesen in einzelne Reiche (Tierreich, Pflanzenreich, Pilzreich) einzuordnen.
1. Unterschiedliche Ernährung von Pflanzen und Pilzen
Ein Prozess, welcher die Pilze klar von den Pflanzen unterscheidet, ist ihre Ernährung und der daraus resultierende Stoffwechsel. Denn schließlich ist der Energiestoffwechsel der Lebewesen viel wichtiger als ihre Bewegung. Anders gesagt: Die Energiegewinnung entscheidet darüber, ob Lebewesen die Energie aufbringen können, um Bewegung, Wachstum usw. vollbringen zu können. Und diese Prozesse – also Nahrungsaufnahme, Stoffwechsel und Energiegewinnung – unterscheiden sich fundamental bei Pilzen und Pflanzen.
Pilze ernähren sich heterotroph, während Pflanzen eine autotrophe (selbsternährende) Ernährungsweise vollführen. Für die heterotrophe Ernährungsweise sekretieren Pilze ganz bestimmte Enzyme in die Umwelt, mithilfe derer sie die organischen Stoffe in ihrer Umgebung auflösen und verdauen können. Die organischen Stoffe können wiederum Pflanzen liefern, welche aus anorganischen Substanzen (Mineralien, Nährstoffe) – die sehr energiearm sind – organische Stoffe (Pflanzenzucker) aufbauen. Pilze ernähren sich also – genauso wie Tiere und Menschen – von Pflanzenzucker oder anderer Biomasse, welcher vornehmlich durch Pflanzen als sogenannte Primärproduzenten eines Ökosystems hergestellt wird.
Aufgrund dieser Gemeinsamkeit ordnet man heutzutage die Pilze näher den Tieren zu als den Pflanzen.
2. Unterschiedliche Energiespeicher bei Pflanzen und Pilzen
Ein weiteres Indiz für die nähere Verwandtschaft von Pilzen und Tieren liegt in der Verwendung des jeweiligen Speicherkohlenhydrats. Pilze und Tiere bilden hierfür einen Vielfachzucker, namens Glykogen. Durch Aufnahme von Biomasse als Nahrungsquelle wird Pflanzenzucker als Kohlenhydrat in den Stoffwechsel von Pilzen und Tieren eingeschleust. Dieser Einfachzucker kann bspw. Fructose (Fruchtzucker) oder Glucose (Traubenzucker) sein. Die Glykolyse ist ein zentraler Stoffwechselprozess, welcher dazu dient, diesen Einfachzucker im Organismus abzubauen. Bei hohen Glucosekonzentrationen wird Glucose allerdings nicht vollständig abgebaut, sondern bei Tieren und Pilzen als Glykogen gespeichert und dient als Reservestoff für einen späteren Stoffwechsel.
Pflanzen bilden Stärke als Reservestoff, um Kohlenhydrate zu speichern. Verschiedene Plastide der Pflanzenzelle – vor allem aber die Amyloplasten – können Stärke aufbauen und speichern. In den Zellen der Früchte und Knollen von Pflanzen befinden sich sehr viele dieser Amyloplasten, weshalb dort die meiste Stärke enthalten ist.
Aufgrund ihrer ähnlichen Ernährungsweise und Stoffwechsels könnte man vermuten, dass die Pilze doch irgendwie mit Tieren verwandt sind. Der einzige Unterschied bisher ist lediglich, dass Pilze nicht sesshaft sind. Pilze sind also faule Tiere, oder? Dem ist aber nicht so. Die wichtigste Abgrenzung zwischen Pilzen, Pflanzen und Tieren erfolgt auf Zellebene. Und da Pilze bspw. eine Zellwand besitzen und innerhalb der Zellen Vakuolen existieren, unterscheidet sie das klar von Tieren, rückt sie aber wieder näher an die Pflanzen.
3. Unterschiedlicher Zellaufbau von Pilzen und Pflanzen
Die Unterscheidung zwischen Pilzen und Pflanzen erfolgt, da Pilze auf die heterotrophe Ernährung angewiesen sind und keine Photosynthese betreiben können, wie es Pflanzen tun. Der Grund hierfür liegt ebenfalls in der Struktur der jeweiligen Zellen. Während Pflanzen Plastiden wie z.B. Chloroplasten in ihren Zellen besitzen, fehlen diese bei Pilzen vollständig.
Wenngleich Pflanzen und Pilze eine Zellwand aufweisen, ist deren Beschaffenheit unterschiedlich. Die pilzliche Zellwand besteht weitestgehend aus Chitin, während die pflanzliche Zellwand aus Cellulose, Hemicellulose und Pektin besteht. Das Chitin, das in der pilzlichen Zellwand vorkommt, ist ebenfalls der Hauptbestandteil des Exoskeletts von Arthropoden (Gliederfüßer), was einen weiteren Verwandtschaftsaspekt zwischen Pilzen und Tieren beleuchtet. Die Cellulose, die in den pflanzlichen Zellwänden vorherrscht, kommt in keiner heute bekannten Pilzart vor.
4. Unterschiede bei Pflanzen und Pilzen in der organismischen Kommunikation
Ein weiterer Punkt der Abgrenzung zwischen Pilzen und Tieren und Pflanzen liegt in der organismischen Kommunikation. Während in Pflanzen und Tieren eine Kommunikation innerhalb aller Zellen eines Organismus geschieht, fehlt diese bei Pilzen vollständig.
Als Beispiel für die Kommunikation kann der circadianen Rhythmus dargestellt werden. Sonnenblumen richten sich während des Tages am Sonnenstand aus, während sie sich nachts in Richtung Osten drehen, da dort am nächsten Morgen die Sonne aufgeht. Auch der Mensch wird in der Regel abends müde, sobald das Tageslicht nachlässt und es erfolgt eine Kettenreaktion verschiedener Hormone, die dazu führen, dass der Mensch schläft, wobei sich viele Muskelgruppen entspannen und die Atmung verlangsamt wird.
Solche Prozesse fehlen bei Pilzen nahezu vollständig. Denn, selbst bei vielzelligen Pilzen, handelt jede Zelle autonom und wird nicht dauerhaft von anderen Zellen beeinflusst.
Die heterotrophe und autotrophe Ernährung der Pflanzen und Pilze
Da die Ernährungsweise von Pilzen und Pflanzen ein wichtiges Unterscheidungskriterium darstellt, stellt sich die Frage, inwiefern sich beide Ernährungsformen unterscheiden. Die heterotrophe Ernährung der Pilze wird häufig auch als Saprotrophie bezeichnet, da sich die meisten Pilze überwiegend von totem zersetzenden Material ernähren.
Darüber existieren einige Arten von Pilzen, die sich auch von lebendem Material ernähren und dabei Krankheiten verursachen. Dennoch liegt beiden Formen der Ernährung derselbe Mechanismus zugrunde. Zunächst werden vom Pilz verschiedene Enzyme ausgeschieden, die daraufhin das umliegende organische Material zersetzen. Hierbei entstehen z.B. beim Abbau pflanzlicher Zellwände aus der darin enthaltenen Cellulose viele Glucosemoleküle, die dann wiederum über die einzelnen Hyphen des Pilzes (einzelne „Zellfäden“) aufgenommen werden.
Durch den Abbau und die Weiterverarbeitung organischer Moleküle kann der Pilz wachsen. Hierbei werden vier verschiedene Zonen unterschieden, in das das Mycel (die Gesamtheit aller Hyphen eines Pilzes) hineinwachsen kann.
- Die erste Zone kann als Wachstumszone bezeichnet werden. Sie beinhaltet die wachsenden Enden der Hyphen, die wie Wurzelhaare der Pflanzen stets apikal (an der Spitze) voranwachsen.
- Die zweite Zone ist jene, die nach innen an die Wachstumszone angrenzt und den Raum begrenzt, in dem die Nährstoffe aufgenommen werden, weshalb sie auch als Absorptionszone bezeichnet wird.
- Damit diese aufgenommenen Nährstoffe nicht verloren gehen, werden diese in der Speicherzone in Form von Glykogen oder anderen Reservemolekülen eingelagert.
- Den ältesten Abschnitt bildet die Seneszenzzone, in der die alten Hyphen aufgelöst werden, da dort kein Wachstum bzw. keine Nährstoffaufnahme mehr möglich ist.
Die autotrophe Ernährungsweise der Pflanzen mithilfe der Photosynthese verläuft anders als die heterotrophe Ernährung der Pilze. Während Pilze bereits bestehendes organisches Material abbauen, assimilieren Pflanzen anorganische Substanzen und synthetisieren daraus organische Moleküle beispielsweise in Form von Glucose.
Hierfür benötigt die Pflanze lediglich drei Ausgangsstoffe. Aus Licht, Kohlenstoffdioxid und Wasser können in den Chloroplasten während der Photosynthese Kohlenhydrate gebildet werden. Gleichzeitig nimmt die Pflanze über die Wurzeln auch verschiedene Mineralien und Spurenelemente auf, mithilfe derer sie weitaus komplexere Moleküle synthetisieren kann. Oftmals sind dies jedoch sekundäre Wachstumsfaktoren, da sie nicht zwangsläufig notwendig sind, um der Pflanze das Überleben zu sichern. Grundlegend notwendig ist hierfür nur die Photosynthese inkl. all ihrer Teil- und Nebenreaktionen.
Die Mykorrhiza als lebensnotwendige Form der Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen
Die Mykorrhiza stellt eine besondere Form der Symbiose von Pilzen und Pflanzen dar, bei der die Wurzelsysteme von Pflanzen mit den Hyphen von Pilzen in Kontakt stehen. Man sieht dies im Wald an den Wurzeln der Bäume, dass sich die Pilzmycele und Pflanzenwurzeln verflechten.
Was hat die Pflanze von dieser Verflechtung?
Viele Pflanzen besitzen keine Enzyme, die die im Boden gelösten Nährsalze wie Phosphat oder Nitrat lösen können, um diese der Pflanze zugänglich zu machen. Pilze können diese Nährsalze erschließen und den Pflanzen über den Hyphen-Wurzel-Kontakt zur Verfügung stellen.
Welchen Vorteil hat der Pilz aus der Symbiose?
Vielen Pilzen, die an der Mykorrhiza beteiligt sind, fehlen die nötigen Enzyme, um Kohlenhydrate zu assimilieren. Aus diesen beiden Mangelfunktionen erschließt sich ein optimales Abhängigkeits-Nutzen-Verhältnis, das die Mykorrhiza als Form der Symbiose erklärt. Die Pflanzen liefern den Mykorrhizapilzen Kohlenhydrate, während die Pilze den Pflanzen Nährsalze wie Phosphate oder Nitrate liefern.
Zusammenfassung
- Pilze und Pflanzen ähneln sich aufgrund ihrer Sesshaftigkeit, weshalb sie bis in das 20. Jhd. als ein Reich der Eukaryoten angesehen wurden.
- Dem ist jedoch nicht so, da viele Aspekte wie z.B. die Verwendung der Reservekohlenhydrate oder der Aufbau der Zellwand dagegensprechen.
- Vielmehr sind Pilze näher mit Tieren als mit Pflanzen verwandt.
- Auch die Ernährungsweise beider Reiche unterscheidet sich deutlich.
- Da bei der heterotrophen Ernährung der Pilze oftmals die Assimilation von Kohlenhydraten (zumindest bei Mykorrhizapilzen) ausbleibt, sind diese auf die Versorgung mit Kohlenhydraten über die Pflanzen angewiesen. Die Pflanze profitiert von der Mykorrhiza, indem sie im Gegenzug zur Kohlenhydratabgabe eine Nährstoff-Aufnahme erhält.