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Geschichte des Osmanischen Reiches


Osmanische Reich

Das Osmanische Reich zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung (17. Jahrhundert)


Das Osmanische Reich bzw. der Osmanische Staat war ein historisches Reich, welches zwischen 1299 und 1922 existierte. Ab dem Jahr 1481 umfasste das Osmanische Reich die Gebiete der heutigen Türkei, Serbien, Rumänien, Griechenland, Bulgarien, Mazedonien, Teile der Ukraine, der Republik Moldau und Bosnien-Herzegowina. Zu diesem Zeitpunkt handelt es sich bereits um eine Großmacht bzw. ein Großreich am Schwarzen Meer. Bis 1520 wurden Gebiete in Ägypten und Nahen Osten ebenfalls integriert. Zwischen 1520 und 1566 regierte Suleiman Ⅰ.. Während dieser Zeit wurden auch Ungarn, Armenien, Iran, Irak und die Gebiete Nordafrika (Tunesien, Marokko, Algerien, Libyen) ins Weltreich integriert. In dieser Zeit beherrschten die Osmanen alle bedeutenden islamischen Zentren: Damaskus, Bagdad, Mekka und Medina. Ab dem 17. Jahrhundert büßte es fast alle Gebiete wieder ein. Das Osmanische Reich gilt als Vorgängerstaat der heutigen Türkei.

Vorgeschichte: die Seldschuken, das Kalifat von Bagdad und Sieg gegen Byzanz 1071

Seit dem 8. Jahrhundert lebten türkisch-nomadische Stammesverbände der Oghusen im heutigen Kasachstan rund um den Aralsee. Einer dieser Stämme waren die Kinik. Sie wurden um das Jahr 1000 von ihrem Khan Seldschuk angeführt. Er und sein Stamm konvertierten zum Islam und trennten sich 1025 von den anderen Oghusen. Sie begründeten die Dynastie der Seldschuken, drangen 1034 ins persische Chorasan ein und übernahmen dort die Herrschaft.

Seldschuks Enkel Thugrul zog 1055 in Bagdad ein und wurde vom Kalifen von Bagdad zum Sultan ernannt. Damit endete die arabische Dominanz in der islamischen Welt. Der Islam wurde unter türkischer Herrschaft neu geeint und erhielt eine künstlerische Prägung durch die persische Kultur. Das Reich der Großseldschuken stieg im Jahr 1071 zu seiner höchsten Macht auf, als es unter dem Sultanat von Alp Arslan das Byzantinische Reich in der Schlacht von Manzikert besiegte.

Grundlage für die Reichsentstehung: die anatolischen Rum-Seldschuken im 11. bis 13. Jahrhundert

Die siegreiche Schlacht von 1071 führte zu einer Einwanderungs- und Eroberungswelle von Seldschuken bzw. türkischen Oghusen in Anatolien. Diese Gebiete Kleinasiens gehörten zum byzantinischen Reich. Die griechisch-sprachigen Bewohner von Byzanz nannten sich „Rhomäer“. Das bedeutete: „Römer“. Denn aus europäischer Sicht war das Kaiserreich der Nachfolgestaat des antiken Rom.

Das arabische Wort für „Rom“ war „Rum“. In der islamischen Welt nannten die Araber, die Perser und später die Osmanen das byzantinische Reich deshalb „Rum“. Alle seldschukischen Stämme, die Gebiete des byzantinischen Reichs eroberten und besiedelten, waren Rum-Seldschuken. Bis zu einer Million Oghusen ließen sich vom 11. bis 13. Jahrhundert in Anatolien nieder und gründeten Fürstentümer – die Beyliks. Es entstand ein eigenes Sultanat der Rum-Seldschuken. Dadurch verlor das byzantinische Reich die meisten Gebiete in Kleinasien. Im 13. Jahrhundert rückten von Osten die Mongolen vor. Sie eroberten Bagdad, das Perserreich sowie Anatolien, womit sie die Seldschuken unterwarfen und teilweise auslöschten.

Osman I.: Herrschaft und Gründung der osmanischen Dynastie 1299

Damit lagen ab Mitte des 13. Jahrhunderts die Gebiete der oghusisch-anatolischen Fürstentümer zwischen zwei verbundenen Mächten. Im Nordwesten befand sich die Grenz zum byzantinischen Kaiserreich, im Osten lag das Mongolenreich. Zu dieser Zeit wurde Osman I. (1258 bis 1324/ 26) als Sohn eines oghusischen Hordenfürsten geboren. Er gilt als Begründer des Osmanischen Reichs.

In den 1280er Jahren wurde er Fürst eines kleinen Beyliks, das direkt an der Grenze zum Byzantinerreich lag. Er regierte gemeinsam mit männlichen Verwandten. Osmans Bruder, Onkel, Neffe und Sohn übernahmen vor allem militärische Aufgaben. Scheich Edebali, ein Derwisch und muslimischer Ordensvorsteher, war Osmans Berater. Edebali verlieh dem Fürsten den Titel eines Gazi – ein militärischer Eroberer und Herrscher, der militärisch gegen Ungläubige kämpft. Obwohl Osman I. gegenüber dem Mongolenreich tributpflichtig war, demonstrierte er ab dem Jahr 1299 seine Souveränität. Seither gilt dieses Jahr als Gründungsdatum des Osmanischen Reichs.

Während seiner Herrschaft veränderte die Bevölkerung ihre Lebensweise. Traditionell halbnomadisch lebend, wurden sie nun größtenteils sesshaft. Osman I. vergab neu eroberte Gebiete als Lehen an treue Weggefährten, wodurch ein Feudalsystem entstand.

Osman I. und seine Beziehung zum Christentum

Osman I. vergrößerte sein Reich nach allen Seiten. Es wuchs von ursprünglichen 1.500 km² auf das Zehnfache an. Er eroberte Gebiete der benachbarten, muslimischen Fürsten. Vor allem aber übernahm er Landstriche im byzantinischen Reich. Hierbei verfolgte Osman I. entsprechend seiner muslimisch-religiösen Erziehung zwei Positionen. Einerseits legitimierte er Gebietserweiterungen durch Kriege im christlichen Kaiserreich als religiöse Pflicht. Andererseits gebot ihm die religiöse Haltung ebenfalls, die Christen als „Dhimmi“ zu betrachten – also als „Schutzbefohlene“.

Die anatolischen Gebiete waren durch die frühere Herrschaft der Byzantiner mit vielen Christen besiedelt. Diese erlebten häufig Plünderungen durch die Seldschuken. Osman I. ernannte sich selbst zum Beschützer, der die Christen gegen Plünderungen der Nachbarfürsten schützt. In den Chroniken des Reichs wird Osman I. als wohlwollender Fürst gegenüber den Christen beschrieben. Er erhielt Unterstützung von christlichen Gefolgsleuten. Die wohlwollende Haltung gilt als einer der Gründe, weshalb Osman I. bei Gebietseroberungen sehr erfolgreich war und die Bevölkerung seine Herrschaft akzeptierte.

Ausdehnung des Reichs im 14. Jahrhundert

Osmans Sohn Orhan I. (1281 bis 1359/ 62) vergrößerte das Reich auf 95.000 km². Orhan I. war der erste osmanische Fürst, der sich als Sultan bezeichnete. Er drang bis zum Schwarzen Meer und die östliche Balkaninsel vor. Unter seiner Herrschaft verlor das byzantinische Reich alle Gebiete in Kleinasien. Die eroberte Stadt Bursa wurde Hauptstadt. Byzanz erlebte 1341 – 1347 einen Bürgerkrieg. Orhan I. verhalf mit seiner militärischen Stärke Johannes VI. Kantakuzeno zum Kaiserthron. Im Gegenzug erhielt Orhan dessen Tochter Theodora zur Frau.

Die Eroberungen dehnten sich unter Orhan I. und dessen Sohn Murad I. bis ins serbische Makedonien und nach Bulgarien aus. Im Jahr 1389 fand die Schlacht auf dem Amselfeld im heutigen Kosovo statt. Die Osmanen standen einer Koalition aus Serben und Bosniern gegenüber. Zwar fielen die Anführer in der Schlacht, auch Murad I. starb. Aber die Reiche auf der Balkaninsel unterwarfen sich den Osmanen. Damit war das christliche Byzanz in Osteuropa geografisch isoliert und sowohl im Nordwesten als auch um Südosten von den Osmanen umringt. Die europäischen Gebiete wurden ab 1385 als Provinz Rumelien bezeichnet. Das kleinasiatische Kernland wurde zur Provinz Anatolien. Murads Sohn Bayezid I. eroberte dort weitere Gebiete der muslimischen Fürsten in Richtung Osten – unter anderem Ankara. Edirne, auch Adrianopel genannt, wurde ab 1368 Hauptstadt.

Das Elite-Heer der Janitscharen

Zu einer Institution im Osmanischen Reich stiegen die Janitscharen auf. Die Gründung des militärischen Elitekorps fand im 14. Jahrhundert statt. Anstelle von nomadischen Kriegern sollte ein stehendes Heer aufgebaut werden, das direkt dem Sultan unterstand. Zunächst wurden Kriegsgefangene rekrutiert. Doch mit dem Vordringen nach Europa änderte sich die Strategie. Offiziere reisten zur sogenannten „Knabenlese“ alle paar Jahre in die europäische Provinz – vor allem in den Kaukasus, auf den Balkan, Griechenland, Albanien und andere Regionen.

In den Bauerndörfern mussten sich Väter mit ihren Söhnen versammeln. Die Offiziere wählten anhand der Taufregister die in ihren Augen vielversprechendsten christlichen Jungen im Alter zwischen sieben und vierzehn Jahren aus. Diese wurden nach Anatolien deportiert und sahen ihre Familien nie wieder. Einige begabte Kinder wurden für den Palastdienst ausgebildet. Die anderen waren für das Militär vorgesehen. Ziel war eine Erziehung, bei der die Soldaten nur eine Familie kannten: Das Herr mit dem Sultan als Vater.

Im Kindesalter wurden sie einer strengen religiösen Schulung nach dem Orden der Bektaschi-Derwische unterworfen und gezwungen, zum Islam zu konvertieren. Ihr Leben diente nur dem Krieg. Die asketische-strengen Regeln sorgten dafür, dass die Janitscharen zu einer überall gefürchteten Kampftruppe wurden.

Weitere Ausdehnung des Reichs in der Zeit von 1400 bis 1451

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts eroberte das zentralasiatische Timuridenreich die anatolischen Gebiete. Sultan Bayezid I. starb dabei. Unter seiner Herrschaft hatte das Osmanische Reich zwischenzeitlich eine Größe von 690.000 km² erlangt. Seine drei Söhne verstrickten sich in Bruderkämpfe. Jeder versuchte, die Alleinherrschaft zu gewinnen und verlorene Gebiete zurückzuerobern.

Das byzantinische Reich unterstützte Mehmed I., der neuer Sultan wurde. Dessen Sohn Murad II. erweiterte das Osmanische Reich in Südosteuropa. Die dortigen Herrscher der Ungarn, Polen-Litauen, Albaner und Bulgaren kämpften für ihre Unabhängigkeit. Westeuropäische Mächte beachteten dies wenig. Auch die Versuche des Papstes, ein neues Kreuzfahrerheer gegen die Osmanen zu senden, stießen auf taube Ohren. Das Osmanische Reich rückte langsam nach Westen.

Die Zeitenwende: der Fall Konstantinopels 1453

1444 bis 1446 und ab 1451 bestieg Mehmed II. den Thron. Zu dieser Zeit war das einst mächtige Byzantinerreich durch die vielen Eroberungszüge zu einem kleinen Gebiet zusammengeschrumpft. Es bestand fast nur noch aus dem Stadtgebiet von Konstantinopel. Jahrhundertelang hat deren Stadtmauer die Stadt uneinnehmbar gemacht. Aber die antiken Mauern waren längst baufällig. Außerdem hatte sich die Militärtechnik weiterentwickelt und es war möglich, mächtige Kanonen zu entwickeln.

Mehmed II. wollte seinen Herrschaftsantritt festigen, indem er Konstantinopel eroberte. Sorgfältig bereitete er das vor und ließ zunächst eine Festung in Sichtweite der Stadt errichten. Die Byzantiner wandten sich hilferufend an den Papst und die europäischen Mächte. Doch auch diesmal fehlte Unterstützung. Nur Venedig und einige Bürger aus Genua waren bereit, Byzanz zu schützen. Der Papst schickte Frachtschiffe zur Lebensmittelversorgung nach Konstantinopel.

Das Heer der Osmanen war beinahe zehnmal so groß wie die Verteidigungsarmee der Byzantiner innerhalb der Stadtmauern. Diese hofften bis zuletzt auf Hilfe und bemühten sich, die Stadt solange zu halten. Doch nach 54 Tagen Belagerung fiel Konstantinopel und besiegelte das Ende des christlichen Byzanz. Dieser Einschnitt löste in Europa tiefe Trauer und Entsetzen aus. Der Fall Konstantinopels gilt als Zeitenwende vom Mittelalter zur Neuzeit.

Aufstieg zum Osmanischen Weltreich

Mehmed II. übernahm mit der Eroberung Konstantinopels den dazu gehörenden Titel „Kaiser der Römer“ und machte das Osmanische Reich damit zum Nachfolger des oströmischen Reichs. Das war insofern schlüssig, als das Osmanische Reich tatsächlich auf den Gebieten des früheren Ostroms lag. Konstantinopel wurde zur neuen Hauptstadt erhoben und erhielt den Namen Istanbul.

Die zwei Provinzen des Osmanischen Reichs verbanden sich nun zu einem einzigen Reich. Mehmed II. eroberte außerdem die Krim und Albanien. Über den Hafen von Konstantinopel konnten den Osmanen des Weiteren den Seehandel im Schwarzen Meer und im Mittelmeerraum kontrollieren. Mit den Kriegen gegen Venedig 1463 bis 1479 erlangte Mehmed II. die Oberherrschaft über die Handelswege im Mittelmeer.

Venedig wurde tributpflichtig und verlor seine überragende Stellung als Seemacht. Mehmed II. und sein Sohn Bayezid II. führten neue Gesetze ein und reformierten das Steuerrecht. Bayezids Sohn Selim I. eroberte Syrien und besiegte zudem 1516/ 17 die ägyptischen Mamluken. Damit stiegen die Osmanen zur Schutzmacht der heiligen Städte Medina und Mekka auf.

Der Höhepunkt des Osmanischen Reichs von 1520 bis 1566

Unter Sultan Süleyman I. erreichte das Osmanische Reich in den Jahren 1520 bis 1566 seinen kulturellen und wirtschaftlichen Höhepunkt. In Europa rückte Süleyman durch Eroberung Ungarns ins Habsburgische Reich vor. Im Jahr 1529 wurde erstmals Wien belagert. Im Osten sicherte Süleyman Mesopotamien für das Reich inklusive Bagdad und die Küste am Persischen Golf.

Im Mittelmeer bauten die Osmanen ihre Handelsgeflechte aus. Religiös wurde unter Süleyman I. eine eigene osmanische Rechtsschule entwickelt und die gesamte Verwaltungsstruktur modernisiert. Kulturell erreichte das Land eine Blütezeit. Allen voran ist Sinan zu nennen, der Hofbaumeister. Mehr als 470 Gebäude schuf er – von Moscheen bis zu Krankenhäusern. Zu seinen architektonischen Meisterwerken gehört die Selimiye-Moschee in Edirne, die heutzutage zum UNESCO Weltkulturerbe zählt.

Wichtige Umwälzungen im 16. Jahrhundert

Nach Süleymans I. Tod verlor sich die zentrale Machtstellung des Sultans. Eine Reihe seiner Nachfolger war nicht regierungsfähig und deren Mütter übernahmen die Regentschaft. Um diese auszuüben, benötigten sie die Unterstützung von Familienangehörigen. Es entwickelte sich ein System der Vetternwirtschaft. Zudem wurde das Reich regional von Beamten verwaltet. Großwesire und Provinzgouverneure erlangten Einfluss und es entwickelte sich Korruption.

Seit Gründung von Kolonien in Mittel– und Südamerika transportierten spanische Galeonen unfassbare Mengen Silber nach Europa. Der Wertverlust führte zu enormen Preisanstiegen – bei Getreide beispielsweise um 274 %. Königin Elisabeth I. von England stellte Kaperbriefe gegen die spanischen Silberflotten aus und suchte ein Bündnis mit den osmanischen Flotten gegen die spanischen Galeonen.

Auch im osmanischen Reich wurde der Kaufkraftverlust spürbar – zumal moderne und teure Feuerwaffen die Militärkosten an die Decke schießen ließen. Die Janitscharen revoltierten mehrfach. Sie wurden traditionell mit Silbermünzen entlohnt, deren Wert immer weiter sank. Das Steuerwesen wurde umgestellt. Statt Naturalien mussten die Bauern nun mit Geld zahlen. In der Folge kam es zu einer Landflucht. Das löste Lebensmittelengpässe aus und die Steuereinnahmen sanken.

Das Osmanische Reich in der Zeit vom 17. bis 19. Jahrhundert

1683 versuchten die Osmanen noch einmal vergeblich Wien zu belagern. Danach verloren sie ab dem 18. Jahrhundert ihre Macht in Europa. Russland begann zu expandieren. Zar Peter der Große strebte nach Zugang zum Schwarzen Meer. Katharina die Große sicherte sich Gebiete der Ukraine, des Kaukasus, eroberte die Krim und zerschlug die Seeflotte der Osmanen im Mittelmeer. Europäische Militärberater sollten das osmanische Heer modernisieren. Doch die Janitscharen blockierten das und meuterten. Sie ermordeten Sultane, die die militärische Vormachtstellung der Janitscharen aushebeln wollten. 1826 ließ Sultan Mahmud II. das gesamte Korps niedermetzeln.

Ab dem 19. Jahrhundert kam es im ganzen Reich zu Autonomiebewegungen und Aufständen. In Europa erlangten Griechenland, Serbien, Rumänien und Bulgarien die Unabhängigkeit. Als Folge erhielt das osmanische Reich den satirischen Namen „Kranker Mann am Bosporus“ und die europäischen Mächte drängten nun ihrerseits ins Land, um sich Einflusszonen zu sichern.

Das deutsche Kaiserreich baute die Bagdadbahn, die Russen förderten Bahnprojekte im Gebiet des heutigen Iran, die Franzosen bauten die Hedschasbahn sowie den Suezkanal. Parallel entwickelten die arabisch geprägten Regionen ein neues Identitätsbewusstsein. Es entstand der Panislamismus. Alle muslimischen Völker sollten ihre Gemeinsamkeiten in den Vordergrund rücken, um sich gegen die europäischen Kolonialmächte zu wehren. Diese zwangen immer mehr Ländern islamischer Prägung unter ihre Herrschaft.

Des Weiteren entwickelte sich eine neue Dynastie durch Muhammad ibn Saud. Er war 1735 bis 1765 Stammesführer und verbündete sich mit dem Rechtsgelehrten Muhammad ibn Abd al-Wahhab. Das saudische Königshaus mit seiner strengen Religionslehre herrscht bis heute in Saudi-Arabien.

Reformen und 1. Weltkrieg

In der Endphase des osmanischen Reichs gab es diverse Reformversuche. 1839 wurde die Gleichbehandlung aller Untertanen unabhängig von ihrer Religion per Gesetz festgelegt. Ab 1840 wurden ordentliche Gerichtshöfe aufgebaut, die eine säkulare Rechtssprechung anstelle der Scharia ermöglichten. Unter dem europäischen Einfluss wurde 1876 die erste Verfassung eingeführt.

Abdülhamid II. war von 1876 bis 1909 der letzte alleinherrschende Sultan im Reich. Danach hatte das Sultanat nur noch repräsentative Funktion und Großwesire herrschten mit militärischer Macht. Seit 1894 kam es unter dem Einfluss nationalistischer Kräfte mehrfach zu Christenverfolgungen. 1912 und 1913 verlor das Reich die Gebiete im heutigen Libyen sowie den Balkan.

Gerade aus den verlorenen europäischen Gebieten entwickelte sich nun eine muslimische Migrationsbewegung ins Osmanische Reich. Dadurch islamisierte es sich stärker, während es gleichzeitig eine moderne Staatsverfassung anstrebte. Die Partei „Komitee für Einheit und Fortschritt“ erlangte per Militäraufstand von 1908 bis 1918 die Macht.

Bei Beginn des 1. Weltkriegs 1914 schloss sie zunächst das deutsch-osmanische Bündnis. Doch 1915 brach das Reich die gesamten europäischen Beziehungen ab und kündigte alle Verträge. Viele staatliche Positionen wurden seit 1824 von loyalen, christlichen Armeniern besetzt. Um jeden christlichen Einfluss zu brechen, kam es 1915 – 1918 zur Deportation sowie zum systematischen Völkermord an den Armeniern mit über 1 Mio. Toten. Die westarmenische Bevölkerung wurde dabei völlig ausgelöscht.

Untergang und Ende des Osmanischen Reichs 1922

Im 1. Weltkrieg gelangen dem Offizier und späteren General Mustafa Kemal herausragende militärische Leistungen. Nach Kriegsende wurde das Land von den Alliierten besetzt und ab 1920 sicherten sich Frankreich, England, Italien und Griechenland die Kontrolle. Es kam zum Türkischen Befreiungskrieg unter dem Oberbefehl von Mustafa Kemal. Er wurde 1921 zum Major ernannt und erhielt den traditionsreichen Ehrentitel Gazi. 1922 gelang ihm der entscheidende militärische Sieg und die Alliierten anerkannten die Souveränität des Landes.

Das Sultanat wurde abgeschafft und damit endete die Geschichte des Osmanischen Reichs als Monarchie. Am 29. Oktober 1923 gründete sich die Republik Türkei in den heutigen Staatsgrenzen. Ihr erster Präsident war Mustafa Kemal. Er erhielt 1934 als Ehrenzeichen von der türkischen Nationalversammlung den zusätzlichen Namen Atatürk: Vater der Türken.

Zusammenfassung

Das Osmanische Reich gehörte zu den großen Weltreichen und prägte die Geschichte in mehreren Punkten:

  • Der Islam stand jahrhundertelang unter dem Einfluss des Osmanischen Reichs.
  • Das Kaiserreich Byzanz verschwand durch die Osmanen aus der Geschichte. Schlussstein war die Eroberung Konstantinopels 1453 unter Mehmed II.
  • Das Osmanische Reich war ein Vielvölkerreich, das seit seiner Entstehung sowohl europäisch als auch orientalisch beeinflusst war. In Kultur und Mentalität prägt dieses doppelte Erbe bis heute den Nachfolgestaat Türkei.

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