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Körperliche Entwicklung bei Erwachsenen


Die Entwicklungspsychologie beschäftigt sich nicht mehr nur mit der Kindheit und der Jugend. Zunächst herrschte die Meinung vor, dass sich im Erwachsenenalter kaum noch Veränderungen abspielen. In der Kindheit passiert jedenfalls einiges: Die Kleinen lernen zu laufen, zu sprechen, und werden eingeschult. Danach kommt es im Jugendalter zu weiteren Entwicklungsschritten, wie der Geschlechtsreife oder dem Abkoppeln vom Elternhaus.

Doch was ist im Erwachsenenalter, wo die kritischen Schritte bereits hinter einem liegen und man auf eigenen Beinen steht?
Das die Lebensmitte noch einige Entwicklungsschritte bereithält, zeigt dir der folgende Artikel. Hier beschränken wir uns erst einmal auf die körperliche Entwicklung.

Welche körperlichen Entwicklungen durchläuft der Mensch im Erwachsenenalter

Mit Mitte Zwanzig sind wir auf einem körperlichen Höhepunkt.

Danach nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit langsam wieder ab. Die meisten von uns bemerken das gar nicht, da uns im Alltag keine körperlichen Höchstleistungen abverlangt werden. Doch Leistungssportler nehmen diese Veränderung wahr. Dabei zeichnet sich allerdings auch ein Geschlechtsunterschied ab: Frauen kommen nicht nur früher in die Pubertät als Männer, sondern erbringen im Spitzensport ihre besten Leistungen bereits mit Anfang Zwanzig. Ihr Zeitpunkt der körperlichen Höchstleistungen liegt somit vor dem der Männer.

Jenseits der 40 stellen Sportler fest, dass der körperliche Abbau schneller stattfindet. Doch auch hier gilt, für normale Alltagstätigkeiten sind Kraft und Kondition immer noch mehr als ausreichend. Allerdings kann diese Aussage auch nicht pauschal für alle Menschen getroffen werden. Schließlich hängt die Konstitution auch noch von anderen Faktoren als dem Alter ab. Sowohl der Gesundheitszustand als auch die persönlichen Trainingsgewohnheiten tragen einen entscheidenden Anteil daran, was physisch noch im Rahmen des Machbaren liegt. So kann ein sportlicher 50-jähriger fitter sein als ein 20-jähriger, der seine Tage vorwiegend im Sitzen verbringt.

Schwindende Reproduktionsfähigkeit im mittleren Erwachsenenalter

Während die Fruchtbarkeit in der Pubertät beginnt, nimmt sie im mittleren Erwachsenenalter ab.

Zwischen 19 und 26 klappt es mit dem Schwangerwerden doppelt so häufig wie in der Zeit zwischen 35 und 39. Auch der Monatszyklus setzt irgendwann aus. Im Schnitt kommt es etwa im Alter von 50 Jahren zur Menopause. Das natürliche Ende der Menstruation ist allerdings (wie auch der Zeitpunkt der ersten Regelblutung im Jugendalter) sehr individuell und kann auch einige Jahre früher oder später eintreten. Die Wechseljahre bringen noch andere Symptome als eine ausbleibende Blutung mit sich: Hitzewallungen, Schlafstörungen oder psychische Probleme können einige der Begleiterscheinung des sich wandelnden Hormonhaushalts sein.

Durch einen sinkenden Testosteronspiegel werden weniger Spermien produziert und es kann zu Schwierigkeiten mit der Erektion oder Ejakulation kommen.

Mit zunehmendem Alter sinkt bei allen die Reproduktionsfähigkeit. Der Umgang damit ist recht individuell. Einige sehen darin den Verlust ihrer Jugend oder trauern ihrer verlorenen Weiblichkeit oder Männlichkeit hinterher. Für andere wird die Menopause als Erleichterung gesehen. Einerseits sind die monatlichen Beschwerden nicht mehr vorhanden, die vielleicht sonst mit der Menstruation aufkamen.

Andererseits müssen sie sich keine Sorgen mehr um eine ungewollte Schwangerschaft machen. Nichtsdestotrotz nimmt die sexuelle Aktivität mit zunehmendem Alter ab. Das schließt allerdings nicht aus, dass nach wie vor ein befriedigendes Sexualleben stattfindet. Das sexuelle Verlangen nimmt einfach weniger Raum im Leben ein als noch in jüngeren Jahren. Eine weitere Rolle dabei spielt natürlich auch wieder der eigene Gesundheitszustand.

Die Lebenserwartung stieg im letzten halben Jahrhundert stark an

Die durchschnittliche Lebenserwartung lag weltweit 1950 bei 49 Jahren.

Sechzig Jahre später lag sie bereits bei 69 Jahren. Da es sich um einen Durchschnittswert handelt, in dem alle Länder der Welt eingeflossen sind, sind auch Unterschiede zu bedenken. In einigen Industrienationen liegt der Wert bei rund 80 Jahren. Dazu eine kurze Übersicht über verschiedene Länder. Im Jahr 2010 lag die Lebenserwartung in China bei 75 Jahren, in den USA bei 78 und in Großbritannien bei 70 Jahren. Noch älter wurde im Schnitt die Bevölkerung von Kanada und Australien mit 81 beziehungsweise 82 Jahren.

Da die Menschen einerseits immer älter werden, die Geburtenzahlen gleichzeitig jedoch zurückgehen, wird das Segment älterer Personen immer größer. Prognosen zufolge könnten 2050 zwei von zehn Menschen weltweit über 60 Jahre alt sein. In Europa wären es wahrscheinlich sogar vier von zehn.

Auch in der Lebenserwartung offenbart sich ein Geschlechtereffekt. Männer haben ein höheres Sterberisiko als Frauen. Das betrifft nicht nur Männer im Erwachsenenalter, sondern diese Tendenz zeigt sich über die gesamte Lebensspanne. Zwar gibt es mehr männliche Embryos als weibliche. Doch bis zum Zeitpunkt der Geburt hat sich das Verhältnis nahezu angeglichen. Im ersten Lebensjahr sterben viermal mehr männliche Babys als weibliche. Zudem werden Frauen im weltweiten Durchschnitt etwa vier Jahre älter als Männer.

Nichtsdestotrotz ist der hundertste Geburtstag immer noch eine Ausnahme. Die Zellen im Körper hören irgendwann auf, sich zu teilen. Wir werden anfälliger für Krankheiten. Konnte uns eine Erkältung in jungen Jahren wenig anhaben, kann sie im hohen Alter zur ernsthaften Gefahr werden. Die Zellalterung wird durch die Abnutzung der Telomere vorangetrieben. Dabei handelt es sich um die Spitzen der Chromosomen.

Diese Abnutzung kann durch den Lebensstil beeinflusst werden. So setzen den Telomeren zum Beispiel das Rauchen, Stress oder Übergewicht zu. Sterben Telomere ab, werden auch alternde Zellen nicht mehr durch neue ersetzt. Dementsprechend positiv wirkt sich ein stressfreierer Lebensstil und ein gutes Gesundheitsverhalten mit viel Bewegung, genügend Schlaf und einer gesunden Ernährung auf die Telomere aus.

Allerdings hat auch die Stimmung einen Einfluss auf unsere Lebensdauer. So erhöhen Depressionen und ständige Wut das Risiko eines frühzeitigen Todes.

Einbußen in den sensorischen Fähigkeiten

Mit dem körperlichen Abbau geht ein Verlust der sensorischen Fähigkeiten einher.

Die Sehschärfe älterer Menschen lässt nach und die Distanzwahrnehmung nimmt ab. Die Pupillen werden kleiner und die Augen haben zunehmend Schwierigkeiten damit, sich an wechselnde Helligkeiten anzupassen. Außerdem wird die Linse weniger durchsichtig, so dass weniger Licht auf die Netzhaut (Retina) fällt. Im Alter von 65 Jahren kommt nur noch ein Drittel des Lichts dort an, das das Auge einer Person von 20 Jahren empfängt. Da wundert es nicht mehr, dass ältere Menschen eine bessere Beleuchtung zum Lesen benötigen. Doch es führt zum Beispiel auch dazu, dass die Mehrheit der Treppenstürze von älteren Menschen auf der obersten Stufe passieren. Wenn sie von einem hellen Flur in ein relativ dunkles Treppenhaus kommen, übersehen sie aufgrund der längeren Anpassungsdauer an die Helligkeitsunterschiede diese Stufe häufig.

Auch der Geruchssinn und das Hörvermögen lassen mit der Zeit nach und die Reaktionszeit verlängert sich. Zudem nimmt die Muskelkraft ab.

Das Immunsystem von älteren Personen wird schwächer

Das führt dazu, dass sie beispielsweise nicht mehr so leicht eine Lungenentzündung abwehren können.

Allerdings erkranken Ältere dafür auch nicht mehr so schnell an normalen Erkältungsviren. Das liegt an der Menge an Antikörpern, die sich im Laufe des Lebens gebildet haben. So nimmt die Wahrscheinlichkeit einer jährlichen Infektion der oberen Atemwege mit dem Alter kontinuierlich ab. Für Menschen jenseits der 65 ist das Risiko nur noch halb so hoch wie für 20-jährige und ein Fünftel so hoch wie für Kinder im Vorschulalter.

Das Gehirn verändert sich ebenfalls im Alter

Etwa bis zum zwanzigsten Lebensjahr beschleunigt sich die Informationsgeschwindigkeit und nimmt anschließend langsam wieder ab.

Die Verarbeitung neuronaler Informationen nimmt demnach mehr Zeit in Anspruch als früher. Die Folgen sind eine verlangsamte Reaktionszeit oder auch die zunehmende Dauer der Problemlösung bei wahrnehmungsbezogenen Aufgaben.

Für das Gedächtnis relevante Gehirnareale verlieren mit der Zeit an Masse. Dieser Verlust setzt bereits im jungen Erwachsenenalter ein. Mit etwa 80 Jahren hat sich das Gehirngewicht um rund fünf Prozent verringert. Auch der Frontallappen ist davon betroffen. Dieser Teil des Gehirns reift erst im späten Jugendalter heran und sorgt für die Kontrolle von Impulsen. Die Inhibitionskontrolle lässt daher im Alter auch wieder nach, was sich manchmal durch etwas schroffe Fragen zeigt.

Sport tut dem Gehirn gut

Körperliche Betätigung ist nicht nur für Knochen und Muskeln von Vorteil.

Auch das Gehirn profitiert von Bewegung. Durch körperliches Training wird die Entwicklung von Hirnzellen und den Verbindungen zwischen ihnen unterstützt. Das liegt vermutlich an der höheren Zufuhr von Sauerstoff und Nährstoffen durch die bessere Durchblutung beim Sport. Studien mit älteren Erwachsenen mit einem Lebensstil, der hauptsächlich im Sitzen stattfindet, zeigten die Vorteile von aeroben Übungen auf: Die Teilnehmenden entwickelten im Vergleich zur Kontrollgruppe ein besseres Urteilsvermögen, ein geringeres Risiko einer Demenzerkrankung und bessere Gedächtnisleistungen.

Durch körperliche Betätigung wird die Neurogenese im Hippocampus angekurbelt. Neurogenese bezeichnet die Entstehung neuer Nervenzellen. Da der Hippocampus eine für das Gedächtnis wichtige Hirnstruktur ist, wirkt sich Sport positiv auf das Erinnerungsvermögen aus. Außerdem trägt Training dazu bei, die Telomere zu schützen.

Demenz und Alzheimer

Demenz kann verschiedene Ursachen haben.

Dabei handelt es sich um ein Krankheitsbild, bei dem sich durch einen massiven Verlust von Hirnzellen eine Bewusstseinstrübung einstellt. Der Geist ist nicht mehr so klar wie früher. Der Verlust von Gehirnzellen im Alter ist zwar zu einem gewissen Grad normal. Doch Tumore, Schlaganfälle oder Alkoholismus und Rauchen führen zu einer bleibenden und verstärkten Schädigung des Gehirns.

Die AlzheimerKrankheit ist besonders gefürchtet. Sie betrifft weltweit rund drei Prozent der Menschen über 75. Diese Prozentzahl verdoppelt sich bis zum Alter von 95 etwa alle fünf Jahre. Zunächst ist das Gedächtnis betroffen. Alzheimer-Erkrankte erinnern sich zunehmend schlechter. Anschließend verlieren sie ihre Fähigkeit, logisch zu denken. Im weiteren Verlauf der Krankheit setzt eine Abflachung der Emotionen ein. Die Orientierung verliert sich sowohl in Bezug auf den Ort als auch auf die Zeit. Des Weiteren kommt es irgendwann zu Enthemmung, Inkontinenz und letztendlich zu einer geistigen Leere. In wenigen Jahren kommt es zum Verlust dessen, was eine Person mal ausmachte.

Ein Verlust von Gehirnzellen und der Abbau von Neuronen, die den Neurotransmitter Acetylcholin ausschütten, sind Ursachen für die Symptome. Gedächtnis- und Denkprozesse funktionieren nicht ohne diesen Botenstoff. Schuld an der ausbleibenden Ausschüttung von Acetylcholin sind Anomalien an den entsprechenden Neuronen. Dazu zählen verkümmerte Proteinfäden innerhalb des Zellkörpers sowie Plaques an den Neuronenverzweigungen. Letzteres sind Klumpen aus Proteinbestandteilen, die frei im Gehirn umhertreiben.

Mittels moderner Gentests kann die individuelle Gefahr einer Alzheimererkrankung bereits vor dessen Ausbruch bestimmt werden. Auch die Entnahme von Rückenmarksflüssigkeit wird genutzt, um darin nach Plaques zu suchen. Zur Verhinderung der Krankheit wird an Medikamenten geforscht, die das Enzym, das für die Abtrennung der Proteinfragmente zuständig ist, blockieren sollen. Doch auch Hirnscans können einen Hinweis auf die Erkrankungsgefahr liefern. Mittels bildgebender Verfahren können Hirnbereiche frühzeitig identifiziert werden, die bereits eine Zelldegeneration aufweisen.
Die Häufigkeit der Neuerkrankungen an Demenz ist vom Alter abhängig. Trotzdem sind die meisten Menschen über 90 bei klarem Verstand.

Zusammenfassung

  • Nicht nur das Kindes- und Jugendalter, sondern auch das Erwachsenenalter ist für Entwicklungspsychologen von Interesse. Auch hier finden noch körperliche und psychische Entwicklungsprozesse statt.
  • Nach dem Höhepunkt der körperlichen Leistungsfähigkeit im Zeitraum von 20 bis 25 nimmt diese langsam wieder ab. Der individuelle Lebensstil spielt hier allerdings auch eine Rolle.
  • Im mittleren Erwachsenenalter nimmt die Reproduktionsfähigkeit ab. Mit der Menopause setzt die Menstruation aus und die Spermienproduktion nimmt ebenfalls ab. Mit diesen Veränderungen geht jeder auf eine andere Weise um. Auch die sexuelle Aktivität sinkt.
  • Die Lebenserwartung steigt weltweit und liegt teilweise im Schnitt über 80 Jahren, wobei Frauen länger leben als Männer. Für Alterungsprozesse sind die Abnutzungserscheinungen der Telomere verantwortlich, wodurch es nicht mehr zur Zellerneuerung kommt.
  • Im späten Erwachsenenalter lassen sensorische Fähigkeiten nach. Das Sehen, Hören und der Geruchssinn nehmen ab. Das Immunsystem wird schwächer und im Gehirn kommt es zum Verlust von Zellen. Das geht mit Schwierigkeiten beim Gedächtnis und der Problemlösung einher.
  • Sport kann körperlicher und geistiger Alterung entgegenwirken sowie Demenzerkrankungen vorbeugen. Bei Demenz kommt es zu einem massiven Verlust von Gehirnzellen. Besonders gefürchtet ist die Alzheimer-Krankheit. Durch veränderte Proteinfäden in den Zellkörpern und Plaques kommt es zum geistigen Verfall.

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