Was ist ein Biotopverbund, Biotopverbundsystem: Definition und Bedeutung
Ein Biotopverbund bzw. auch Biotopvernetzung genannt – ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Einzelbiotopen, mit dem Ziel die Überlebenschance der ansässigen Arten im Biotop zu erhöhen. Durch den Zusammenschluss entsteht ein sogenanntes Biotopverbundsystem bzw. Biotopnetzwerk. Die Auswahl der richtigen Einzelbiotope zum Verbundsystem ist ein wichtiger Aspekt des Biotopschutzes.
Im deutschen Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) gilt der Schutz von Biotopen als erklärtes Ziel. Im § 20 des BNatSchG wird festgehalten, dass mindestens 10 % der Fläche eines jeden Bundeslandes dem Netzwerk von Biotopen gewidmet werden sollen. Im Paragraph 21 werden die Ziele, welche Deutschland beim Ausbau eines Biotopverbundsystems verfolgt, weiter konkretisiert.
Inhalt
- 1 Bedeutung des Biotopverbundsystems für die Tierwelt
- 2 Inseltheorie als ökologische Grundlage für die Notwendigkeit eines Biotopverbundes
- 3 Biotopverbundsysteme und Netzwerke
- 3.1 Biotopverbund durch Korridore
- 3.2 Biotopverbund durch Trittsteine
- 3.3 Biotopvernetzung durch Hecken und Waldbrücken
- 3.4 Biotopverbund durch Wildbrücken
- 3.5 Biotopverbund durch Fischtreppen
- 3.6 Linienbiotope am Rand von landwirtschaftlichen Nutzflächen
- 3.7 Green infrastructure als großflächiges Biotopverbundsystem in Europa
- 3.8 Grünes Band als größter Biotopverbund in Deutschland
- 3.9 Biotopverbund in Bayern
- 4 Probleme, Nachteile und Kritik am Biotopverbund
Bedeutung des Biotopverbundsystems für die Tierwelt
Der Verbund von einzelnen Biotopen ergibt Sinn, da verschiedene Tierarten einen Anspruch auf eine bestimmte Territorialgröße haben oder in verschiedenen Lebensphase unterschiedliche Habitate bewohnen. Aber auch das Aussterben einer Spezies wird verhindert, da durch den Biotopverbund eine genetische Vielfalt entsteht.
Territoriale Bedeutung des Biotopverbundes
Größere Wirbeltiere benötigen Platz, um sich ausbreiten zu können. Durch den Verbund der Einzelbiotope kann dieser Platz geschaffen werden. Insbesondere Säugetiere und Vögel benötigen nicht nur Territorium, sondern beanspruchen auch ein Revier. Innerhalb der Art findet ein Konkurrenzkampf um Reviere statt, da diese auch die Grundlage für Nahrung stellen. Größere Huftiere, wie Hirsche, Schweine oder Giraffen beanspruchen Reviere – genauso wie Rüsseltiere oder Raubtiere.
Letztlich sind Nahrungsangebot und Nahrungsbedarf zwei Faktoren, welche sich auf die Reviergröße auswirken. In Rudeln oder in Herden lebende Säugetiere, wie Löwen oder Wölfe, haben einen größeren Platzbedarf, da mehrere Individuen versorgt werden müssen – wodurch der Nahrungsbedarf ansteigt. Durch den Biotopverbund können zwei Einzelbiotope zu einem größeren Lebensraum verknüpft werden, wodurch Arten mit hohem Platzbedarf zwischen den Biotopen wechseln können.
Biotopverbund aufgrund von wiederkehrender Migration
Die Migration zwischen einem Biotop zum nächsten, ist eine weitverbreitete Strategie unter den Wirbeltieren – welche bei Fischen, Vögeln, Amphibien, Kriechtieren und Säugetieren stattfindet. Häufigster Grund für diese Wanderung ist die Nahrungssuche. Aber der Wechsel von einem Biotop zum nächsten, findet nicht nur während der Nahrungssuche statt.
So wechseln einige Tierarten zu unterschiedlichen Jahreszeiten ihr Habitat, haben Sommer- und Winterquartiere. Ohne Biotopverbund würden die Teillebensräume isoliert sein, durch menschliche Bebauung sogar abgeschnitten. Der Biotopverbund ermöglicht den Tieren das Wandern, indem das Gebiet zwischen den Biotopen als überwindbar gestaltet wird.
Verschiedene Komplementärhabitate beanspruchen bspw. Zugvögel, Wanderfische und einige Lurche. Die Krötenwanderung findet bei Erdkröten im Frühling statt, wenn die Kröten ihr Winterquartier verlassen und zu ihren Laichgebieten wandern. Dann sollten beide Biotope so verknüpft sein, dass das Gebiet zwischen den Quartieren überwindbar ist.
Neben Lurche und Kriechtieren haben auch Rothirsche unterschiedliche Sommer- und Winterhabitate, welche über ein Biotopverbund verknüpft werden. Der Raum zwischen beiden Biotopen muss für das wandernden Rotwild ebenfalls überwindbar sein. Migrationswege legen auch Wanderfische zurück, welche während der Fortpflanzung andere Habitate aufsuchen.
Biotopverbund aufgrund von Klimaänderungen
Erderwärmung und Klimawandel zwingen die Tiere ebenfalls dazu, ihren angestammten Lebensraum zu verlassen und neue Biotope aufzusuchen. Durch Modellierungen können Ökologen vorausahnen, welche Habitate für welche Tierart geeignet sind. Dadurch lassen sich Migrationswege prophezeien, wodurch die Entscheidung – welches Biotop mit welchem verbunden werden soll – gestützt wird.
Biotopverbund erhält die genetische Vielfalt
Durch Lebensraumzerschneidung, bspw. durch menschlichen Straßenbau, Städtebau oder Uferbebauung, werden die Individuen einer Art derart isoliert, dass Begegnungen zwischen verschiedenen Populationen nur unzureichend stattfinden. Die räumliche Trennung verhindert, dass eine Fortpflanzung bzw. Vermehrung zwischen den Individuen der Einzel-Populationen stattfindet.
Das Resultat ist, dass der Genpool der Spezies abnimmt. Die genetische Verarmung hat zur Folge, dass das Überleben der Art langfristig gefährdet wäre. Denn die Plastizität, auf Veränderungen reagieren zu können, sinkt durch den kleineren Genpool.
Ein Verbund zwischen den Biotopen fördert den Individuenaustausch zwischen beiden Populationen, was die Grundlage für genetische Vielfalt dieser Spezies ist.
Inseltheorie als ökologische Grundlage für die Notwendigkeit eines Biotopverbundes
In der Ökologie existiert eine Theorie, welche die Größe eines Biotops oder Habitats mit der Populationsgröße ins Verhältnis setzt und eine Abhängigkeit zwischen beiden Größen herausstellt. Je größer ein Biotop ist, desto mehr Individuen kann es beherbergen – so dass durch Fortpflanzung ein genetischer Austausch stattfinden kann, welcher langfristig dafür sorgt – dass die Spezies nicht ausstirbt. Ist das Biotop klein, muss es mit anderen Biotopen vernetzt sein, so dass ein permanenter Individuenaustausch stattfindet – welcher für genetische Vielfalt sorgt.
Betrachtet man ein Biotop als etwas isoliertes – wie eine Insel – würde dies bedeuten, dass über einen gewissen Zeitraum alle Individuen der Population sterben würden. Denn die Migrationsrate an neuen Individuen, welche zur Population dazustoßen, ist Null. Die Sterberate an Individuen der Population ist allerdings größer Null, so dass die Fortpflanzungsrate innerhalb der Population allein dafür sorgen muss, dass die Population mittelfristig erhalten bleibt.
Dies stellt enorme Ansprüche an die Fortpflanzung innerhalb der Population, welche ständig ändernden Umweltbedingungen ausgesetzt ist. So können Zufallsereignisse dafür sorgen, dass geschlechtsreife Individuen plötzlich sterben, was das Aussterberisiko deutlich erhöht. Solche Zufallsereignisse sind Nahrungsknappheit, Bedrohung durch Prädatoren oder Naturkatastrophen. Diese finden permanent statt, weshalb mittelfristig jede isolierte Population aussterben wird.
Das bedeutet: Arten, die in Biotope leben, welche wie Inseln isoliert sind -unterliegen einem hohen Aussterberisiko. Nur durch permanente Zuwanderung anderer Individuen der gleichen Art, kann dieses Aussterberisiko gedrosselt werden.
Aussterbeschuld und Biotopgröße
Die Inseltheorie geht davon aus, dass ein kleines isoliertes Biotop langfristig dazu führt, dass das Artensterben massiv einsetzt. Dieses Aussterben ist artübergreifend für jede isolierte Population. Und nur wenige Arten werden dieses Aussterben überleben und welche Spezies überlebt, ist von Zufallsbedingungen abhängig.
Kennzeichnet man nun ein Areal als Naturschutzgebiet, isoliert dieses aber – aufgrund fehlenden Biotopvernetzung – von anderen Habitaten – kann folgendes passieren: Im Biotop existieren sehr gute Umweltbedingungen, wodurch verschiedene Arten am Standort gedeihen bzw. sich vermehren. Verglichen mit der Größe des Biotops existiert dort allerdings ein Artenüberhang bzw. zu viele Arten, welche um einen begrenzten Lebensraum konkurrieren. Der hohe Artbestand befindet sich nicht im Gleichgewicht mit den Bedingungen, wodurch mittelfristig fast alle Arten aussterben würden.
Für einen Beobachter wäre diese Aussterbeschuld unerklärlich, da sich weder Biotopqualität verändert haben noch sind neue Arten zugewandert. Einzig der begrenzte Lebensraum sorgt dafür, dass mittelfristig ein Artensterben einsetzen würde – welches durch die Schaffung eines Biotopverbundes ausgesetzt werden würde.
Neukolonisierung durch Biotopverbund
Der Aussterbeschuld kann nur entgegengewirkt werden, indem neue Individuen einer Art zuwandern. Sind die Populationen allerdings räumlich stark voneinander getrennt, findet kein Individuenausstausch statt. Der Genpool in beiden Populationen verarmt zunehmend, wodurch langfristig beide Populationen aussterben könnten. Biotope, welche zu einem Biotopverbund zusammengeführt werden, müssen deshalb nahe beieinander liegen – so dass das Zwischengebiet überwindbar ist.
Die Kolonialisierungsrate wird dann auf natürliche Weise erhöht, wodurch das Überleben der Arten langfristig gesichert ist. Laut Inseltheorie sind dann die Größe und die Qualität einer Biotopinsel zweitrangig, solange die Neukolonialisierung permanent stattfinden kann.
Biotopverbundsysteme und Netzwerke
Der Biotopverbund ist eine Maßnahme des Biotopschutzes. Aber Biotopschutz und Artenschutz sind zwei Strategien des Naturschutzes, welche sich gegenseitig bedingen. Jede Zielart, welche durch den Biotopschutz gefördert werden soll, stellt andere Anforderungen an das Biotopverbundsystem – welches etabliert wird. Im Folgenden werden die verbreitetsten Konzepte vorgestellt.
Biotopverbund durch Korridore
Handelt es sich bei den schützenswerten Zielarten um flugfähige Tiere, wie Vögel und Insekten, werden Biotope häufig über sogenannte Korridore miteinander verbunden. Diese Korridore sollen kein neues Habitat für die Zielarten darstellen, aber einen Übergangslebensraum bieten. Auf ihren Wanderungen finden Vögel und andere flugfähige Tiere kurzzeitig Unterschlupf, können eine Übergangspopulation aufbauen – bis die Lebensraumgröße aufgebraucht ist und die Tierarten zum nächsten Biotop weiterfliegen.
Da flugfähige Arten ein gewisses Maß an Mobilität besitzen, können die Korridore problemlos überwunden werden. Die Entfernung der beiden Ziel-Biotope hängt von der Mobilität der Arten ab und sollte dennoch nicht zu groß sein. Synergieeffekte, wie bspw. die Bestäubung der Blütenpflanzen durch Bienen und andere Insekten – sorgen für die Verbreitung der Vegetation im Korridor.
Flugunfähige Tierarten finden im Biotopkorridor ebenfalls die gewünschten Umweltbedingungen, bei geringerer Lebensraumgröße, vor. Auch diese Tiere kolonialisieren den Korridor übergangsweise und ziehen dann ins neue Biotop um.
Biotopverbund durch Trittsteine
Trittsteinbiotope sind große Steinhaufen, welche zwischen zwei Biotopen aufgestapelt werden. Der Lebensraum Trockensteinhaufen, wie er auch genannt wird- dient Lurche, Kriechtieren, Schnecken, Mäusen und sogar Igeln als Unterschlupf – während ihrer Wanderung zwischen zwei Biotopen.
Als Schutz sollen Trittsteinbiotope vor allem wechselwarmen Tieren (Kriechtiere, Amphibien) als Unterschlupf während der kalten Jahreszeit dienen. Denn viele Frösche, Schlangen und andere Kaltblüter fallen bei Kälte in eine Winterstarre, in welcher sie verharren müssen. Die Tiere sind dann völlig bewegungsunfähig und die Trittsteine sollen Schutz während dieser Zeit bieten.
Tiere, welche eine gewisse Kälte benötigen und hohe Temperaturen kaum tolerieren können – finden durch die Trittsteinbiotope den nötigen Sonnenschutz. An Rändern von Wiesen und Weideflächen finden sich sehr viele dieser Trittsteinkonzepte – um den wärmeempfindlichen Arten, den Weg nach Norden in kältere Gefilde zu erleichtern.
Biotopvernetzung durch Hecken und Waldbrücken
Immobile Waldtiere, welche aufgrund von Flugunfähigkeit an den Boden gebunden sind, können den Wald nur bedingt verlassen. Sogenannte Waldbrücken sind Hecken, welche zwei Waldgebieten als Biotope verbinden sollen. Diese bieten Unterschlupf für die Zielarten, helfen allerdings auch Waldpflanzen ohne effiziente Fernverbreitungsmechanismen bei der Ausbreitung.
Biotopverbund durch Wildbrücken
Mediale Aufmerksamkeit hat die jährliche Krötenwanderung, welche auch auf Straßen und Autobahnen stattfindet. Die wechselwarmen Tiere müssen ihre Winterquartiere verlassen und zu ihren Laichgebieten, wie nahegelegenen Gewässern, gelangen. Dabei müssen Kröten und Frösche mitunter auch Straßen und Autobahnen überqueren. Sogenannte Wildbrücken, auch als Grünbrücken oder Krötentunnel, bezeichnet – führen über die Straßen hinweg und verbinden somit beide Teillebensräume der Amphibien.
Biotopverbund durch Fischtreppen
Da Menschen nicht nur Wälder, Wiesen bebauen – sondern auch Wasser als Ressource nutzen – entstehen auch dort massive Probleme für die Tierwelt. Künstlich angelegte Gewässer, wie Stauseen oder Kanäle, verhindern – dass das Fleißgewässern natürlich fließt. Wasserkraftanlagen und Wasserrohrbau tun ähnliches, indem sie die Durchgängigkeit eines Flusses blockieren. Viele Wanderfischarten wandern allerdings flussaufwärts in ihre Laichgebiete und müssen diese Wehranlagen passieren können.
Ohne Fischwanderung erfolgt keine Fortpflanzung, was das Aussterben dieser Fischarten zur Folge hätte. Deshalb wurde die Europäische Wasserrahmenrichtlinie verabschiedet, welche seit dem 22. Dezember 2000 für die Europäische Union gilt und seit dem 22. Dezember 2003 ins nationale Recht jedes Mitgliedstaates überführt wurde. Die Wasserrahmenrichtlinie sieht vor, dass bspw. für Wanderfische sogenannte Fischtreppen geschaffen werden, wodurch die Fische alle Wanderbarrieren überwinden können.
Linienbiotope am Rand von landwirtschaftlichen Nutzflächen
Biotop-Schwund ist gleichbedeutend mit Schwund der Naturlandschaft. Abgelöst wurde die natürliche Landschaft durch Städte, aber auch durch Kulturlandschaften – wie Wiesen, Weiden, Ackerflächen oder Forstgebiete. Am Rand von Ackerflächen oder anderen landwirtschaftlich genutzten Gebieten werden Linienbiotope errichtet – welche die ursprünglichen Waldgebiete miteinander vernetzen sollen.
Zu diesen Linienbiotopen gehören bspw. Ackerrandstreifen – ein Grünstreifen mit Wildpflanzen – welcher nicht mit Pestiziden oder Pflanzenschutzmitteln behandelt wird und wild am Rande einer Ackerfläche wächst.
Ein Feldrain ist ein grasbewachsener Grenzstreifen zwischen zwei Äckern oder Feldern.
In Lesesteinhaufen, einem Steinhaufenstreifen – welcher ebenfalls am Rande von Äckern zu finden ist, leben diverse Spinnenarten, Mäuse, Zauneidechsen oder Mauswiesel.
Böschungen am Rand von Feldern sind ebenfalls Streifen von Steinen, welche auf einem Gefälle angelegt worden – um die dort lebende Tier- und Pflanzenwelt vor Störungen zu schützen.
Green infrastructure als großflächiges Biotopverbundsystem in Europa
Unter dem Schlagwort „Green infrastructure“ bzw. Grüner Infrastruktur werden die Möglichkeiten eines großflächigen Biotopverbundes in der Europäischen Union diskutiert. Dazu wurde in Brüssel am 25. und 26. März 2009 ein Workshop zum Thema gehalten.
Grünes Band als größter Biotopverbund in Deutschland
Das erste gesamtdeutsche Naturschutzprojekt ist das sogenannte „Grüne Band Deutschland“, welches vor dem Mauerfall am 9. Dezember 1989 vom Bund Naturschutz Bayern e.V. gegründet wurde.
Ziel ist es, dass der Grenzstreifen – welcher einst die BRD von der DDR abgrenzte als Naturschutzgebiet erhalten und unbebaut bleibt. Das Grüne Band erstreckt sich auf einer Gesamtlänge von 1393 km, beginnt in Travemünde (Schleswig-Holstein) und endet in Hof (Bayern). Der Geländestreifen erreicht eine Breite zwischen 50 und 200 Meter.
Das Grüne Band stellt somit den größten Biotopverbund in ganz Deutschland dar. Im Netzwerk sind 150 Naturschutzgebiete integriert, in denen mehr als 1200 vom Aussterben bedrohte Arten leben.
Biotopverbund in Bayern
Im Jahr 2019 kam es im Freistaat Bayern zu einem Volksbegehren, welches unter dem Motto „Rettet die Bienen“ bekannt geworden war. Ziel des Volksbegehrens war es, die Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern zu erhalten.
Mehr als 1,7 stimmberechtigte Bürger unterstützten den Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens, worauf die bayerische Landesregierung, unter Führung des Ministerpräsidenten Markus Söder, das Begehren als Gesetzesentwurf übernahm. Am 17. Juli 2019 wurde deshalb der Biotopverbund in das Bayerische Naturschutzgesetz übernommen.
Die Umsetzung erfolgt auf verschiedenen Handlungsebenen mit verschiedenen Partnern. Ziel ist es, den bayerischen Biotopverbund räumlich auszuweiten und qualitativ zu optimieren.
Probleme, Nachteile und Kritik am Biotopverbund
Der Biotopverbund als zentrale Strategie des Natur– und Umweltschutzes gilt als anerkannt. Dennoch gibt es Kritiker, welche die Maßnahmen als ineffizient, planlos oder schlecht umgesetzt sehen. Auch die Ergebnisse bisheriger Biotopvernetzungen sind nicht messbar und dies wiederum ermöglicht Kritikern, die Maßnahmen gänzlich anzuzweifeln.
Unter den Kritikern finden sich nicht nur Landbesitzer oder Betroffene, welche durch den Biotopschutz ihre Bauplanungen gefährdet sehen. Auch einige Naturschützer kritisieren den Verbund, da die öffentlichen Mittel für Naturschutz nicht unendlich zur Verfügung stehen und der Biotopschutz mit anderen Projekten um Finanzierung konkurriert. Im Folgenden werden einige Probleme skizziert, welche sich durch den Biotopverbund ergeben.
Ausbreitung von Krankheitserregern
Durch den Verbund der Biotope sollen sich die bedrohten Arten besser ausbreiten können. Dies geschieht auch. Aber auch Krankheitserreger und Seuchen breiten sich auf die gleiche Weise aus.
Durch Wehranlagen im Fließgewässer, welche die Durchlässigkeit der Wassermassen und deren Tierwelt behindern, konnte die Ausbreitung bestimmter Krankheiten eingedämmt werden. Aber durch die Verabschiedung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinien sollten Maßnahmen ergriffen werden, um Wanderfischen eine Durchquerung der Gewässer zu bieten.
Einige Umweltschützer fordern, dass diese Maßnahmen überdacht werden sollten, da einheimische Edelkrebse (Astacus astacus) nur durch Wehranlagen vor der Verbreitung der Krebspest geschützt seien.
Ausbreitung von invasiven Arten
Neophyten und Neozoen sind Arten, welche in einem Biotop, in einer Ökozone oder Klimazone eigentlich nicht heimisch sind und durch den Menschen eingeschleppt und angesiedelt wurden.
Diese invasiven Arten sind für Naturschützer und Ökologen unerwünschte Gäste, da sie in Konkurrenz mit der heimischen Tier- und Pflanzenwelt stehen, sich oft besser anpassen können und deshalb heimische Arten verdrängen. Durch den Biotopverbund gelingt es invasiven Arten sich besser und schneller über alle Biotope auszubreiten, welche im Verbund zusammengeschlossen sind.
Abwanderungen von Metapopulationen
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Schaffen von Biokorridoren dazu führt, dass sich Populationen teilen und einzelne Individuen abwandern würden. Es entstehen somit Metapopulationen. Denn durch die Biotopverbünde werden die Abwanderungsbarrieren gezielt gesenkt, wodurch die Tiere zur Abwanderung verleitet werden. Diese Maßnahmen würden somit eine Population schwächen, anstatt zu stärken.
Unkonkrete Designansprüche und Vermutungen
Die Abwanderungsrate, Neukolonialisierungsrate und auch Ausbreitungsgeschwindigkeit sind für viele Spezies unzureichend bekannt. Außerdem sind Motive und Faktoren, welche in der Ausbreitungsbiologie wirken, ebenfalls unerforscht. Aber auf diesen Faktoren basiert die Ausgestaltung der Biokorridore, sowie der Verbund von mehreren Biotopen.
Es ist unklar, ob der Zusammenschluss bestimmter Biotope nützlich, notwendig oder gar unsinnig ist. Dass der Biotopverbund ökologisch wertvoll ist, darüber ist sich die Fachwelt einig. Aber ob gerade die beiden ausgesuchten Biotope so zusammengeführt werden sollten, wie es oft geschieht – darüber herrscht Uneinigkeit.
Auswirkungen auf Klimawandel unzureichend bekannt
Seit 2005 wird auch der Klimawandel in die Debatte über die Notwendigkeit eines Biotopverbunds eingeführt. Natur- und Klimaforscher befürchten, dass das Artensterben durch die Erderwärmung zunehmen wird, die Migration einzelner Tierarten schneller vollzogen wird als erwartet und deshalb Fluchtkorridore erschaffen werden müssen, damit die Arten von einem Biotop zum nächsten gelangen können. So werden Wanderkorridore in die Gebirge oder nach Norden angelegt, welchen die Tiere folgen sollen. Allerdings sind auch diese Maßnahmen umstritten, da die Erfolgsaussichten ebenfalls nicht bekannt sind.